Essen. Ein freilaufender Boxer hat die kleine Enkelin von Gudrun Thiel im Essener Lührmannwald angesprungen und erschreckt. Auf die Bitte Thiels, den Hund anzuleinen, zeigte sich die Besitzerin uneinsichtig. Laut Gesetzt ist sie im Wald tatsächlich nicht dazu verpflichtet, ihr Tier an die Leine zu nehmen.

Diesen Spaziergang wird Gudrun Thiel so schnell nicht vergessen. Wie so oft, war die 69-Jährige mit ihrer 18 Monate alten Enkelin im Lührmannwald auf der Margarethenhöhe unterwegs. Zur großen Freude der Kleinen seien auch viele Hundebesitzer mit Tieren verschiedenster Rasse und Größe dort unterwegs gewesen, erinnert sich Gudrun Thiel. Ihre Enkelin habe viel Spaß dabei gehabt, die Hunde zu beobachten - bis auf einmal ein wilder junger Boxer im schnellen Lauf auf sie zugerannt sei und sich das Kind sehr erschrocken habe.

Der Boxer sei, so Thiel, an der Kleinen hochgesprungen und habe auch nicht von ihr abgelassen, als sie das Kind auf den Arm genommen habe. Sie selbst, das Mädchen und der Kinderwagen seien „unappetitlich vollgesabbert“ worden, berichtet die Großmutter. „Rufen Sie doch bitte Ihren Hund zurück“, habe sie gerufen. Und als Antwort erhalten: „Nein, das mache ich nicht. Hier im Wald braucht man keinen Hund anzuleinen.“

Dann sei sie von der Hundebesitzerin regelrecht beschimpft worden, so Gudrun Thiel: Sie habe keine Ahnung, nicht der Hundebesitzer müsse das Tier festhalten, sondern sie das Kind. Es sei unverantwortlich, ein Kind frei laufen zu lassen, wo so viele Hunde unterwegs seien, habe die Hundebesitzerin ihr vorgehalten, berichtet Thiel.

Hund darf Spaziergänger weder belästigen noch gefährden

„Ich habe gar nichts gegen Hunde. Mein Mann und ich haben früher nahezu drei Jahrzehnte selbst Hunde besessen. Auch heute noch betreuen wir gern Hunde von Freunden und Verwandten während der Ferienzeit“, sagt Thiel. Sie sei sogar gegen generellen Leinenzwang, habe aber erwartet, dass die Hundebesitzerin mehr Rücksicht gezeigt und das Tier freiwillig angeleint hätte.

Genau das sei der Punkt, bestätigt auch Jeanette Kern vom Presseamt der Stadt. Im Prinzip müssten Hunde im Wald auf Gehwegen nicht angeleint werden, so stehe es im Landesforstgesetz. Aber: „Grundsätzlich muss der Hund so geführt werden, dass er niemanden gefährdet oder belästigt“, so Kern. Das bedeute, dass der Hund in Sichtweite bleiben und gehorchen müsse.

Wichtig sei der soziale Aspekt: „Das Miteinander im Wald sollte von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt sein“, so Jeanette Kern. In Park-, Garten- und Grünanlagen müssten Hunde dagegen generell an der Leine geführt werden, sagt ihr Kollege Stefan Schulze. Ausgenommen seien Hundewiesen, von denen es 29 in Essen gebe. Natürlich müsse man prinzipiell nicht das Kind festhalten, sondern den Hund. „Die meisten Hundehalter achten allerdings selbst darauf, dass sie ihre Tiere anleinen, wenn sie merken, dass jemand Angst hat“, ist Schulze überzeugt.