Essen. Rabatte ohne Schamgefühl: Die SPD-Fraktion Essen setzt sich für die „Essener Teilhabe-Card“ ein. Damit sollen Bedürftige einfach und diskriminierungsfrei Vergünstigungen für Kultur und Bildung nutzen können. Eine zweite Familienkarte, die floppte, soll es nicht werden.
Nachdem die Essener Familienkarte vor zwei Jahren sang- und klanglos eingestampft wurde, nimmt die SPD im Stadtrat jetzt einen neuen Anlauf: Sie möchte in Essen eine Art Rabatt-Karte ins Leben rufen, die armen Menschen den Zugang zum Kultur- und Bildungsangebot erleichtern soll. „Die Betroffenen sollen die Vergünstigungen vor allem diskriminierungsfrei bekommen“, sagte Dirk Heidenblut, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion.
Nach Vorstellung der SPD soll die Karte „Essener Teilhabe-Card“ heißen. Statt heute ihren Arbeitslosen-Nachweis beim Eintritt vorzulegen, sollen die Inhaber dann nur noch diese Karte vorzeigen müssen. Ähnlich funktioniert das Sozialticket beim VRR.
Es sollen jedoch nicht nur arbeitslose Hartz-IV-Empfänger eine solche Karte erhalten. Die SPD will den Berechtigtenkreis auf arme Rentner, Wohngeldempfänger und Familien, die Kinderzulage erhalten, ausdehnen. „Wir schätzen, dass wir damit 80.000 bis 100.000 Bedürftige erreichen“, so Heidenblut. In einem zweiten Schritt könnte sich die SPD vorstellen, dass die Karte auf alle Essener Familien mit Kindern unter 18 Jahren ausgedehnt wird.
Hemmschwelle senken
Die SPD hofft, dass mit einer solchen Karte die Hemmschwellen sinken und sich mehr arme Essener gesellschaftliche Teilhabe leisten können und wollen. „Gerade ältere Menschen gehen nicht gern zum Amt und bitten um Hilfe“, weiß SPD-Frau Karla Brennecke-Roos. Dabei lebten gerade in Essen viele alleinstehende Senioren, die das kulturelle Angebot gerne nutzen würden, es sich aber oft nicht leisten könnten.
Eine Neuauflage der Familienkarte soll die Teilhabe-Card nicht werden. „Wir ändern die Ausrichtung“, heißt es Die Familienkarte kam vor allem als Rabattkarte für diverse Dienstleistungen daher. Die neue Teilhabe-Card soll dagegen Ermäßigungen für Kultur, Sport und Bildung bündeln.
Vertretbarer Verwaltungsaufwand
Die SPD hält den Verwaltungsaufwand und die Kosten trotz der angespannten Haushaltslage für vertretbar. Die Berechtigten seien in den Ämtern ohnehin erfasst, so Heidenblut. Außerdem möchte die SPD die Karte unbürokratisch unters Volk bringen. Wer beispielsweise einen Wohngeldbescheid oder Hartz IV bekommt, dem könne man die Karte gleich mitzuschicken, heißt es.
Als erstes wird sich am Dienstag der Sozialausschuss mit der Teilhabe-Card beschäftigen. Dann soll sie durch weitere Ausschüsse und Gremien wandern, bis der Stadtrat Ende Mai entscheiden wird. „Ich hoffe, dass sich die Fraktionen nicht wieder Scheingefechte liefern, sondern sich gemeinsam für die Teilhabe armer Menschen entschließen“, so der Regionsvorsitzende des DGB, Dieter Hillebrand.