Essen. Zwar hatten die Rektoren von Gymnasien und Gesamtschulen vergangenes Jahr beschlossen, die bunten “Motto-Wochen“ zu verbieten, die meisten Schulen aber wollen dann doch keine Spaßverderber sein. Sie setzen den Abiturienten jedoch klare Regeln.

Lebende Tote bevölkerten Montag das Gymnasium Borbeck – die Abiturientia hatte den „Zombie-Tag“ ausgerufen und sich in entsprechend düstere Schale geschmissen. Ein bisschen wie mit den Untoten verhält es sich auch mit der „Motto-Woche“ insgesamt: Sie ist nicht kleinzukriegen. Dabei hatten die Rektoren von Gymnasien und Gesamtschulen vergangenes Jahr beschlossen, die bunten Verkleidungstage, mit denen die Schüler gemäß einer jüngeren Tradition ihre letzte Unterrichtswoche feiern, zu verbieten.

Zu viele Auswüchse habe es gegeben, lautete damals die Begründung. Alkoholleichen, Kostüme deutlich unterhalb der Grenzen des guten Geschmacks, brenzlige Situationen bei den beliebten Autokorsos – all das sollte ein Ende haben. Doch aus dem Abgesang ist ein Verbot light geworden. Die meisten Schulen gestatten ihren Absolventen den Jux in einer abgespeckten Version, sofern sie sich an Regeln halten.

„Bei Autokorsos rufen wir die Polizei, Alkohol ahnden wir sofort“

Das gilt auch für die Zombies am Gymnasium Borbeck. „Bei Autokorsos rufen wir die Polizei, und Alkohol ahnden wir sofort“, sagt Schulleiterin Ursula Alsleben. „Sich ein bisschen lustig anzuziehen, ist aber nicht verboten. Wir wollen den Schülern den Spaß nicht verderben.“ Vor allem aber will man nicht mehr den Eindruck entstehen lassen, die Macht über die letzte Unterrichtswoche hätten die Schüler, nicht die Schule. Alsleben sagt es so: „Wir haben für die ganze Woche einen Plan gemacht zur intensiven Vorbereitung auf das Abitur.“ Aufgelockert wird das Ganze durch Ausflüge der Leistungskurse und ein Lehrer-Schüler-Sportfest. Kurzum: Statt der Mottowoche mit allen Schikanen soll es eine „eine moderate, auf unsere Schule zugeschnittene Version“ geben.

So oder ähnlich halten es die meisten Essener Gymnasien und Gesamtschulen. Was nicht zuletzt der Erkenntnis geschuldet ist, dass ihr Einfluss auf die Festivitäten begrenzt ist. Das eigentliche Geschehen spielt sich meist außerhalb des Schulgeländes ab und würde sich bei einem strikten Verbot wohl noch stärker dorthin verlagern. Auch in den beschaulichen Werdener Gassen sorgten Abiturienten in den vergangenen Jahren immer wieder für Rudelbildung. Felicitas Schönau hofft, dass sie diesmal nicht auflaufen und Schüler zur Räson rufen muss. „Dieses Jahr wird alles anders“, sagt die Leiterin des Werdener Gymnasiums.

Themen der Verkleidungstage abgesprochen

Drei Verkleidungstage hat sie genehmigt und die Themen mit den Schülern abgesprochen – Helden der Kindheit, Business, Rockabilly. Die Bedingungen sind klar: Gestattet ist nur „nette, leichte Verkleidung“, verboten sind dagegen diskriminierende Kostüme und Vermummung. „Der Kopf muss frei bleiben – und der Kopf geht bis zum Hals.“ Die diesjährige Abschlusswoche sei für die Schüler eine Chance zu zeigen, dass Schabernack auch sozialverträglich geht.

Schluss mit lustig, aber nur ein bisschen – war das im Sinne des Erfinders? Es sei niemals die Absicht gewesen, den Schülern ihre Späße rigoros zu verbieten, sagt Leo van Treeck, Leiter der Erich Kästner-Gesamtschule und einer der beiden Sprecher der Rektorenkonferenz. Man habe lediglich die „ungute Eigendynamik“ ausbremsen wollen, die das Ganze zu entwickeln drohte. „Wir haben nur die Zügel angelegt.“ In der letzten Schulwoche Unterricht nach Plan zu machen, „wäre unpädagogisch“.

Überhaupt nicht an den Beschluss der Rektorenkonferenz gebunden fühlt man sich übrigens am Bischöflichen Gymnasium am Stoppenberg, das als Privatschule nicht zu der Runde gehört. Dort läuft alles wie gehabt, mit Verkleidung die ganze Woche über. In den vergangenen Jahren sei alles zivil über die Bühne gegangen, sagt die Schulleitung, die bei den Themen freilich ebenfalls ein Wort mitredet. Auftaktmotto gestern: „Bunt, schräg und schrill.“