Essen. Plätze an weiterführenden Schulen offenbar immer noch nicht ausreichend

Schauplatz Hauptschule an der Wächtlerstraße, Südostviertel, gestern Vormittag, elf Uhr: Es ist Anmeldephase, Eltern können ihr Kind für die fünfte Klasse zum kommenden Schuljahr registrieren lassen, in einer Stunde endet das Verfahren. 34 Anmeldungen hat Schulleiterin Roswitha Tschüter gezählt, ist erkennbar zufrieden: „Damit können wir zwei Klassen bilden.“ Die totgesagte Hauptschule – sie lebt. Zumindest an der Wächtlerstraße.

Vor dem Schulsekretariat sitzt Daniela Grigoleit mit ihrem Sohn Maurice (10). „Mein Sohn war im Montessori-Zweig auf der Lönsberg-Schule“, erzählt die Mutter, „er hat Förderbedarf, ich möchte aber, dass er nicht auf eine Förderschule kommt.“ Auch Mutter Nicole Kran möchte ihre Tochter Antonia (10) an der Wächtlerstraße anmelden, auch ihre Tochter wäre normaleweise eine Kandidatin für die Förderschule. Doch an der Wächtlerstraße haben sie schon seit vielen Jahren sogenannte „integrative Lerngruppen“: Schüler mit Behinderungen lernen gemeinsam mit Schülern ohne Behinderungen, in einer ganz normalen Klasse, sie haben ihr eigenes Unterrichtsmaterial, werden nach Förderschul-Richtlinien unterrichtet, und die meiste Zeit des Unterrichts ist ein Sonderpädagoge mit dabei.

Inklusion kommt jetzt bei Eltern an

An der Wächtlerstraße sieht man, was derzeit die gesamte Schullandschaft umkrempelt: Die Inklusion kommt jetzt bei den Eltern an. Drei Jahre, nachdem die entsprechende Konvention der Vereinten Nationen auch in Deutschland gültig wurde. Danach haben auch Schüler mit Behinderungen den Anspruch auf einen Platz an der Regelschule.

In den Grundschulen ist der „Gemeinsame Unterricht“ von Kindern mit und ohne Behinderung schon sehr verbreitet, an den weiterführenden Schulen noch nicht. Sieben weiterführende Schulen haben bislang „integrative Gruppen“ eingerichtet, vier weitere kommen zum kommenden Schuljahr hinzu, doch die neu eingerichteten Plätze – etwas mehr als derzeit 70 – reichen immer noch nicht: „Die Zahlen steigen schnell, die Nachfrage der Eltern wird trotz der künftig neuen Plätze womöglich die Kapazität übersteigen“, kündigt Schuldezernent Peter Renzel an. Am Dienstag sollen weitere Einzelheiten bekannt gegeben werden.

„Die Zahlen explodieren, das Thema gewinnt derzeit dramatisch an Dynamik“, hatte auch Michael Röder am Mittwoch im Schulausschuss erklärt, der zuständige Dezernent bei der Schulaufsichtsbehörde in Düsseldorf. Röder: „Es ist unglaublich, was derzeit passiert.“