Essen. . Nach einem Streit mit der Mutter wurde ihre jugendliche Tochter in einem Heim untergebracht. Mit dem einbehaltenen Kindergeld sollte sich die Mutter an den Kosten beteiligen. Doch die wollte die Summe nicht abgeben, weil sie ihrer Meinung nach ohnehin zu wenig Geld zum Leben hat.

Dass auch Lehrer Erziehungsprobleme haben, ist wenig überraschend. Selten allerdings sind sie Thema vor Gericht, so wie im Fall einer Essener Pädagogin. Sie klagte vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gegen eine Verfügung der Stadt Essen, aufgrund derer sie das Kindergeld (184 Euro monatlich) für ihre Tochter an die Kommune abführen sollte. Die 17-Jährige hatte sich an Weihnachten mit ihrer alleinerziehenden Mutter derart überworfen, dass das Jugendamt keine andere Chance sah, als das Mädchen in einem Heim unterzubringen.

Mindestens mit den 184 Euro solle sich die Beamtin an den Kosten beteiligen, so die Stadt. Daran gab es wenig zu deuteln. Vor allem der Einwand der Klägerin, sie habe nicht genug Geld, vermochte das Gericht nicht zu überzeugen. 4476 Euro brutto (3760 Euro netto) plus 558 Euro Kindergeld für drei ihrer vier Kinder überweist ihr das Landesamt für Besoldung jeden Monat.

Richter beweist Engelsgeduld

Mit engelsgleicher Geduld versuchte der Vorsitzende, der äußerst emotionalen Klägerin die Lage zu erklären. Vollends merkwürdig geriet die Verhandlung, als die Frau einwendete, das Kindergeld werde doch seit langem an die Tochter selbst überwiesen. Das hatte sie offenbar vergessen, jedenfalls dem Gericht nicht mitgeteilt.

Die Tochter lebte seit Ende 2011 in einem Heim oder im betreuten Wohnen. Anfang November 2012, da war die junge Frau 19 Jahre alt, stellte das Jugendamt die Förderung ein. Offenbar wegen Arbeitsüberlastung im Amt wurde der Mutter erst mehr als acht Monate nach der Unterbringung ein gültiger Bescheid zugestellt. Das heißt, sie ist für diese Zeit nicht zahlungspflichtig. Verlust für den Steuerzahler: mehr als 4000 Euro, denn der monatliche Kostenbeitrag der Lehrerin lag vermutlich bei etwa 525 Euro.

Mutter willigt in Vergleich ein

Der Richter überzeugte sie schließlich, in einen Vergleich einzuwilligen. Das Verfahren wurde beendet. Die Klägerin akzeptierte, dass sie das Kindergeld für 14 statt 22 Monate an die Kommune abgeben muss. Nun wird geprüft, ab wann und auf wessen Veranlassung das Kindergeld bereits abgezweigt wurde. Zudem muss die Pädagogin ihr Einkommen und ihre Belastungen mit Belegen nachweisen. Dabei könnte sich herausstellen, dass sie mehrere tausend Euro nachzahlen muss.

Diese Ankündigung ließ die Klägerin aus der Haut fahren. „Dann kann ich mich gleich erschießen.“ Dem Richter gelang es zum wiederholten Male, sie zu beruhigen. „Selbst wenn – die Stadt ist immer mit Ratenzahlungen einverstanden.“ Einzig positiver Aspekt des Verfahrens: Tochter und Mutter sprechen wieder miteinander. Ihr Verhältnis sei inzwischen in Ordnung, so die Klägerin.