Essen. Eine neue Diskussion um den Sinn und die Notwendigkeit von „Ehrenrunden“ beschäftigt auch die Essener Schulen. Knapp zwei Prozent der Essener Schüler blieben im Schuljahr 2011/12 sitzen. Wen man auch fragt - zum Thema hat eigentlich jeder eine klare Meinung: In der Regel sei das Sitzenbleiben nicht erfolgreich.

Mit dem Sitzenbleiben ist es so: Junge Leute finden es schlimmer als Ältere. Pädagogik-Profis lehnen das Sitzenbleiben als Methode ab. Doch verhindern können sie die verharmlosend genannte Ehrenrunden auch nicht.

Im Schuljahr 2011/12 waren es 775 Kinder und Jugendliche an Essener Schulen ohne die Berufskollegs, plus 224 Fälle der Sekundarstufen II der Gymnasien und Gesamtschulen. Das sind insgesamt knapp zwei Prozent. Darin nicht eingerechnet sind jene Schüler, die als so genannte „Schulformwechsler“ auf die Wiederholung verzichten. Zum Beispiel: Im Gymnasium in Klasse acht hängenbleiben, aber dann in der Neun weitermachen – auf der Realschule. Entsprechend bezeichnet Manfred Reimer, schulpolitischer Sprecher der SPD und langjähriger Leiter des Altenessener Leibniz-Gymnasiums, die amtlichen Zahlen als „geschönt“.

„Meistens macht es keinen Sinn“

Wen man auch fragt: Zum Thema hat eigentlich jeder eine klare Meinung: „Das Wiederholen ist in der Regel nicht erfolgreich“, sagt Ulrike Pelikan, die Leiterin der Gesamtschule Holsterhausen. Barbara Kromer, die Leiterin der Marien-Hauptschule in Steele, sagt: „In den meisten Fällen macht es keinen Sinn.“ Dass ein Jahr mehr einer Schul-Karriere einen entscheidenden Dreh nach oben verpassen kann, das hat auch Anne Beyer von der Hauptschule Bochold nur als „absolute Ausnahme“ erlebt. „Ein Sitzenbleiben“, sagt die Schulleiterin, „sollte generell nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen.“ Denn eigentlich ist es genau andersherum: „Wiederholen“, sagt Anne Beyer, „ist oft der Anfang vom Ende.“ Der Schüler mache dicht, werde „cool“, öffne sich weder für neue Freunde noch für die Lern-Inhalte.

Auch Bernhard Aust, Leiter der Gertrud-Bäumer-Realschule (Altenessen) und Sprecher der Realschulen, hält das Sitzenbleiben nur für „die allerletzte Lösung“. An seiner Schule senkte Aust die Quote von 4,4 auf 2,2 Prozent – wenn Schüler auf der Kippe stehen, führen Lehrer Beratungsgespräche durch, „sie zeigen ihnen ihre Chancen auf“, sagt Aust. Heißt: Mut machen, sich öfter zu melden, weil auch mündliche Noten zählen. Sie zu einem Referat ermutigen, an sauber geführte Hefte zu appellieren, denn auch die fließen am Ende in die Gesamt-Bewertung ein.

Relativ wenig Gymnasiasten wiederholen

Die meisten Sitzenbleiber an Realschulen gibt es in der achten Klasse. Aust hat dafür vor allem eine Begründung: „Die Pubertät.“ An den Hauptschulen wiederholen viele die Stufe neun, häufig freiwillig, um den höherwertigen Abschluss („B“ statt „A“) zu erreichen. Das erklärt ein wenig die Zahlen. Auffällig ist, dass Gymnasien relativ wenig Wiederholer produzieren. Doch wie gesagt: Diese Statistik sagt nichts über jene, die abgehen auf eine niedrigere Schulform, um dort ihren Weg fortzusetzen.