Essen.. Teil 1 der NRZ-Serie „Klassenziele – die Schulen vor den Anmeldungen“ : die Realschule. Die große Leistungsspanne ihrer Schüler ist heute die wesentliche Herausforderung für diese Schulform.

Wenn es zuletzt um die Realschulen ging, dann hatten sie meist die Rolle des Spielverderbers. Die Einführung der Sekundarschule in Essen, diesen Eindruck konnte man gewinnen, scheiterte bislang an ihrem Widerstand. Während die schnell schrumpfenden Hauptschulen in dem neuen Konstrukt eine Überlebenschance sehen, lehnten die Realschulen dankend ab. Kurzsichtig nennen das die einen. Konsequent nennt es Bernhard Aust, Sprecher der Realschulleiter.

Zwei Standorte mit Ganztag

„Unsere erste Aufgabe ist es, vor Ort das zu leisten, was gewünscht ist.“ Eltern, die ihre Kinder an der Realschule anmelden, könne man statt dessen nicht einfach die Sekundarschule vor die Nase setzen. Die sei ohnehin eher für ländliche Gebiete gemacht, findet Aust. Er habe Verständnis für das Werben der Hauptschulen, „aber es kann kein Interesse daran geben, funktionierende Realschulen aufzulösen“.

Dabei ist es nicht so, als hätten die Realschulen keine Sorgen. Auch bei ihnen sind die Anmeldezahlen rückläufig. Austs eigene Wirkungsstätte, die Altenessener Gertrud-Bäumer-Realschule, ist eher die Ausnahme. Dort hat man vor vier Jahren den Ganztag eingeführt, was die Anmeldezahlen mehr als stabilisierte. Mit der Bertha-von-Suttner-Realschule in Rüttenscheid gibt es noch eine zweite Realschule in Essen, die den Ganztag anbietet. „An einigen anderen Standorten muss man aber überlegen, welche Lösungen es geben könnte.“

Sorgen über Leistungsspanne der Schülerschaft wächst

Auch auf weitere Entwicklungen und Herausforderungen müssen die Realschulen reagieren. „Was uns heute am meisten beschäftigt, ist die größer werdende Leistungsspanne unserer Schülerschaft“, sagt Aust. Sprich: In der Realschule stehen besonders leistungsschwachen Schülern zunehmend viele besonders gute Schüler gegenüber. Woran liegt das? Unter anderem an der Verkürzung der Gymnasialzeit, sagt Aust. „Es gibt viele Eltern, die für ihr Kind kein Turbo-Abitur wollen und statt dessen erst die Realschule und dann die gymnasiale Oberstufe wählen.“ Auf der anderen Seite macht sich der zunehmende Imageverlust der Hauptschulen bemerkbar.

An diesem Ende der Leistungsskala hatten die Realschulen in den vergangenen Jahren viel zu tun. Es galt, die Quote der Sitzenbleiber zu reduzieren. Das sei gelungen, sagt Aust. Unter anderem durch Landesprogramme wie „Komm mit – Fördern statt sitzenbleiben“ habe man den Anteil der betroffenen Schüler senken können. An der Gertrud-Bäumer-Realschule etwa lag er vor einigen Jahren noch bei 13 Prozent – wobei in diesen Wert tatsächlich nur jene Jahrgänge eingerechnet sind, in denen eine Versetzung ansteht. Heute reicht es lediglich bei sieben Prozent nicht zum Sprung in die nächste Klasse.

In der erfolgreichen Einbeziehung von Kindern unterschiedlicher Leistungsstufen sieht Aust eine Herausforderung, zugleich aber auch eine Stärke der Realschulen. „Wir fördern die Schüler im Klassenverband, ohne abzustufen und auszusortieren.“ Unterschiedliche Niveaus und Interessen würden durch die Wahl des Neigungsfaches in Klasse 7 aufgegriffen. Zusätzlich zu Deutsch, Englisch und Mathematik suchen die Kinder sich dann ein weiteres Hauptfach aus – das kann Französisch, aber auch Technik sein.

Berufspraxis im Blick

Für wen genau ist die Realschule denn nun die richtige Adresse bei der Zukunftsplanung? „Sie ist zum einen die richtige Adresse für diejenigen, die am Gymnasium im hinteren Drittel mitarbeiten müssten. Gerade für Schüler, die zudem noch still und schüchtern sind, ist es meiner Ansicht nach besser, wenn sie an einer anderen Schule zu den Leistungsstarken gehören.“ Gut aufgehoben seien an der Realschule zudem Kinder, „die schon während der Schulzeit eine berufliche Perspektive aufbauen möchten“. Mit Ausbildungsberatung und Betriebspraktika legten die Realschulen hier einen Schwerpunkt.

Klar ist allerdings auch: Die Chancen von Realschulabsolventen auf dem Ausbildungsmarkt schwinden, die Konkurrenz durch die Abiturienten ist groß. Aust hat statistisch ausgewertet, was aus seinen Schützlingen nach dem Abschluss wird – die Zahl derjenigen, die direkt in die Ausbildung einsteigen, sinkt und liegt heute bei 15 bis 20 Prozent. Immer mehr Abgänger – gut die Hälfte – wechseln aufs Berufskolleg. Ein Drittel nimmt Kurs aufs Abitur.

13 Schulen zur Auswahl

Die Zahl der Realschüler in Essen ist in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen. Besuchten im Schuljahr 2008/09 noch 8.057 Kinder und Jugendliche eine Realschule, sind es im laufenden Schuljahr 7.402. Die Gesamtzahl der Schüler in Essen sank im gleichen Zeitraum von 83.389 auf 78.414.

Eltern können ihre Kinder fürs kommende Schuljahr an den 13 folgenden Realschulen anmelden: Elsa-Brändström-Realschule (Bergerhausen), Gertrud-Bäumer-Realschule (Altenessen), Realschule Essen-West, Bertha-Krupp-Realschule (Frohnhausen), , Geschwister-Scholl-Realschule (Borbeck), Realschule Überruhr, Helene-Lange-Realschule (Steele), Franz-Dinnendahl-Realschule (Kray), Albert-Einstein-Realschule (Rellinghausen), Bertha-von-Suttner-Realschule (Rüttenscheid), Realschule Kettwig, Theodor-Goldschmidt-Schule (Ostviertel).

Die Anmeldungen laufen von Donnerstag bis Samstag, 7. bis 9. März 2013.

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