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Tierisch bis blumig: Wolfgang Oppelt baut aus alten Grammophonen neue Musikinstrumente.
Wolfgang Oppelt hat schon als Kind gern konstruiert, hat später seine Leidenschaft für Musikautomaten entdeckt. Etwa 70 schmücken sein Haus in Heidhausen, das er wegen seiner Sammlerobjekte längst erweitert hat, und das heute die Atmosphäre eines kleinen Museums versprüht. Inzwischen sammelt der ehemalige Lehrer nicht mehr, sondern schafft selbst gebaute Grammophone. 19 sind in den vergangenen 20 Jahren entstanden.
So begrüßt ein riesiger singender Schwan Besucher, die die Treppe hinauf vorbei an unzähligen Spieluhren steigen. Im Bauch des gefiederten Tieres dreht sich eine Schellackplatte auf einem Tischgrammophon. Aus dem roten Schnabel erklingen die Töne, die den langen Hals emporsteigen: Aus dem schwanenhalsförmigen Trichter eines zerlegten Schrankgrammophons, das Wolfgang Oppelt auf die Idee brachte. Und drückt er auf die Fernbedienung, dann schlägt der Schwan mit den Flügeln, weil er Motoren dafür eingebaut hat. „Verrücktes Ding“, sagt der Erbauer lächelnd.
Alle Grammophone sind einsatzbereit
Ähnlich ausgefallen wirkt das Neptunophon mit seinem mächtigen, bärtigen Kopf, den ein Künstler aus einem Styroporblock herausgearbeitet hat und durch den der Schall in drei Zacken auf dem Haupt entweicht. Während der Klang des Temptaphons aus dem Rachen der Schlange kommt, die sich um die blonde Eva windet. Sie hat im früheren Leben als Schaufensterpuppe bei Karstadt an der Rü die Kollektion präsentiert, sagt Oppelt.
Sein Lieblingswerk steht wie die Eva im Keller: das Germanophon, das kurz nach der Wiedervereinigung entstand, als in dem Heidhauser die Idee wuchs: „Das ganze Deutschland mit seiner Geografie, seiner politischen Aufteilung und seiner schwarz-rot-goldenen Flagge in das Instrument zu bannen.“ Aus dessen Trichter in Schwarz-Rot-Gold ertönt ein beachtlicher Klang, beschreibt der Erbauer und legt den Radetzky-Marsch auf.
Alle Grammophone sind einsatzbereit: „Keines dient nur der Optik“, sagt Wolfgang Oppelt, der 2000 Schellackplatten mit Klassik, Karnevals-Liedern, Schlagern der 50er und Salonmusik der 20er besitzt. Viele der Grammophone hat er selbst repariert, hat dafür Kisten voller Tonarme und Motoren. Auf Sammlerbörsen oder Flohmärkten entdeckt er manches oder gibt Annoncen auf, wenn etwa ein Pferdeschweif für das Pegasophon fehlt. Das steht im Wohnzimmer mit weit aufgerissenem roten Maul, das mit dem langen Hals den Schalltrichter bildet.
Kuriose Grammophonkunst
"Alles muss stimmig sein"
Der Pferderücken trägt das Federwerk-Grammophon. Körper und Beine aus langen Stahlrohren hat Wolfgang Oppelt mit flauschigem Kunstfell beklebt. Beim Mexikophon dient ein spitzer Strohhut (ein Mitbringsel der Tochter) als Schalltrichter. Der Hut sitzt auf einem aufblasbaren Plastik-Kaktus, den Wolfgang Oppelt mit Sägemehl befüllt, mit Sonnenbrille und Sombrero geschmückt hat, in dem sich ein Elektro-Grammophonmotor verbirgt: „Alles muss stimmig sein“.
Wie beim Floraphon, das aus zwei Grammophonen besteht. Beide Trichter hat er zu Blumenkelchen verwandelt, in denen Schmetterlinge ruhen, während der Laufwerkmotor im Blumenkübel steckt. „Zwei Nadeln machen das Klangbild interessant“, erklärt Oppelt, als „Rock Around The Klock“ aus den Kelchen erklingt.
Die verschiedenen Klänge faszinieren den Musikliebhaber. Ebenso schätzt er an seinem Hobby die Möglichkeit, Neues zu schaffen, zu den Werken selbst etwas hinzuzufügen. „Natürlich finden einige das verrückt“, sagt Wolfgang Oppelt verständnisvoll. Schließlich könne er auch nicht nachvollziehen, warum andere Briefmarken sammeln. In seinem Garten jedenfalls wird vielleicht bald ein großer Walfisch mit mächtigen Maul Musik machen.