Essen. Mit 7,5 Prozent war die “Krankenquote“ 2011 in der Essener Stadtverwaltung mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Personaldezernent Christian Kromberg hat keinen Masterplan gegen die vielen Fehltage: “Einfache Antworten gibt es nicht!“
Zugegeben, im Vergleich mit dem Krankenstand im Berliner öffentlichen Dienst sind die städtischen Beamten und Angestellten in Essen richtig gesund: Auf stolze 10,3 Prozent belief sich der Krankenstand 2011 in der Hauptstadt, 37 Tage fehlte dort im Schnitt jeder Mitarbeiter. Da muten die Zahlen in Essen noch moderat an: Genau 7,52 Prozent betrug hier 2011 die Fehlquote, was im Schnitt auch immerhin rund 27 Fehltagen entspricht. Der bundesweite Schnitt aller Arbeitnehmer lag 2011 mit 3,6 Prozent allerdings nicht einmal halb so hoch. Und selbst im Vergleich mit dem durchschnittlichen Krankenstand in allen deutschen Rathäusern (6,12 Prozent) steht Essen relativ schlecht da.
Das sind Zahlen, die Personaldezernent Christian Kromberg natürlich nicht glücklich machen, zumal für 2012 zwar noch keine aktuelle Bilanz vorliegt, aber Aussicht auf grundlegende Besserung wohl nicht besteht. Erklärungen? „Zunächst mal ist der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter der Stadt Essen mit 46 Jahren sehr hoch“, sagt Kromberg. In der Privatwirtschaft seien die Angestellten im Schnitt fünf Jahre jünger und folglich tendenziell gesünder. Schließlich deute ein hoher Krankenstand „zunächst mal auf ein Führungsproblem hin“, so der Dezernent. Wer als Chef kein positives Arbeitsklima schaffe, der produziere nahezu automatisch kranke Mitarbeiter. „An diesem Thema arbeite ich sehr intensiv.“ Ernste Gespräche mit Bereichs- und Abteilungsleitern habe er bereits einige geführt.
Kromberg setzt auf Kooperation
Nun gibt es bei vielen Bürgern durchaus noch eine andere These: Weil die persönliche Arbeitsplatzsicherheit im öffentlichen Dienst trotz Sparzwängen nach wie vor hoch ist, bestehe womöglich die Neigung, sich schon bei relativ geringfügigen Anlässen krankzumelden. „In Einzelfällen mag das eine Rolle spielen“, räumt Kromberg ein, der allerdings auch die Gegenrechnung aufmacht: „Ist es wirklich sinnvoll, wenn Mitarbeiter sich aus Angst zur Arbeit schleppen?“
Kromberg hält nicht viel von Druck, er setzt auf Kooperation. Da das Durchschnittsalter der Belegschaft auch wegen der herausgeschobenen Altersgrenze weiter steigt, soll ein beim Personaldezernat angesiedeltes „Institut für Gesundheit“ gegründet werden. Es gelte, Strategien zu entwickeln, wie die Mitarbeiter gesund bleiben. Kromberg: „Dass es beim Erhalt der Gesundheit auch eine Bringschuld des Arbeitnehmers gibt, ist allerdings auch klar.“
Die Zunahme psychischer Erkrankungen bereitet allen Arbeitgebern Sorgen – das ist bei der Stadt nicht anders. „Viele Mitarbeiter können einfach irgendwann nicht mehr und nehmen sich eine Auszeit“, weiß Kromberg. „Und dafür habe ich auch Verständnis.“