Essen. Die Farben ihres Karnevalsvereins sind rot-grün, die Farbe ihrer Gesinnung ist offenbar tief braun: Ein langjähriges weibliches Mitglied des Essener Karnevalsvereins Rot-Grün Kupferdreh ist jetzt als rechtsextremistische Sängerin enttarnt worden. Der Verein reagiert geschockt.

Ein langjähriges Mitglied der Karnevalsgesellschaft Rot-Grün Kupferdreh, die dreifache Mutter Marina S., ist als rechtsextremistische Sängerin enttarnt worden. Ihr droht nun der Rausschmiss aus dem Club. „Wir sind geschockt und denken über ein Ausschlussverfahren nach“, erklärte Manfred Geldmacher (64), der Vorsitzende von „Rot-Grün“. Der Verein hat zurzeit etwa 65 Mitglieder und besteht seit 1963.

Die Essener Jugendgruppe „Rote Antifa“ hatte am Mittwoch darauf hingewiesen, dass Marina S. in einem Musikprojekt gemeinsam mit ihrem Mann Sebastian S. „rassistisches und faschistisches Gedankengut“ verbreite. Im April trat das Paar auf einer Veranstaltung der NPD-Nachwuchsorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) im elsässischen Salmbach auf und sang „rockige Balladen“, wie es auf einer Internet-Seite heißt. Ein Foto im Netz dokumentiert den Auftritt unmissverständlich. Der Veranstaltung wohnte auch Udo Pastörs bei, der Vize-Bundesvorsitzende der NPD.

Private Kontakte zur Familie

„Sie hat mir gegenüber diesen Auftritt zugegeben“, erklärte Geldmacher. Er steht dem Karnevalsverein seit 1966 vor. Zur Familie S. gebe es seit Jahren private Kontakte: „Wir haben nie etwas davon gewusst. Keiner hat etwas gemerkt. Der Verein distanziert sich ausdrücklich von den privaten Aktivitäten der Familie S. Ein rechtsradikales Weltbild ist mit den Grundsätzen unserer KG Rot-Grün nicht vereinbar.“ Der Verein stehe für Toleranz – nicht nur deshalb veranstalte man seit Jahren neben den traditionellen Sitzungen auch „lila Sitzungen“, die sich ausdrücklich an homosexuelle Männer und Frauen richten. Geldmacher: „Der Vorstand wird zusammenkommen und über ein Ausschlussverfahren entscheiden.“

"Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen"

Sebastian S. ist seit Jahren als rechtsextremer Aktivist bekannt. Im Jahr 2011 trat er von seinem Posten als Vize-Chef eines Velberter Judo-Clubs zurück, nachdem seine Gesinnung öffentlich bekannt wurde. S. erklärte am Mittwoch gegenüber dieser Zeitung: „Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen.“ Fragen wollte S. nicht beantworten, er brach das Telefonat ab.

Die Lieder, die ausschnittsweise auf der Homepage seines Musikprojekts zu hören sind, tragen Titel wie „Soldat und Pflicht“, „Nationalist“ oder „Deutschland – Heilige Mutter mein“. Im Lied „Ermordet im Kerker“ wird ausdrücklich der Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß als Märtyrer verehrt.

Bereits im Februar 2012 war ein Mitglied des Fanfarencorps Grün-Weiß Burgaltendorf als NPD-Funktionär enttarnt worden.