Essen. Nach den 49-prozentigen GSE-Gehaltssprüngen sorgt ein weiterer Chef einer Sozialgesellschaft in Essen für Widerspruch. EABG-Geschäftsführer Ulrich Lorch kam nach der Verlängerung seines Vertrages um fünf Jahre auf die Idee, Altersteilzeit zu beantragen. Der Unterstützung seines Aufsichtsrats konnte sich Lorch sicher sein.

Die Mitnahme-Mentalität bei Essens Stadttöchtern ist offenbar weit verbreitet: Neben den von der Öffentlichkeit als nahezu obszön empfundenen Gehaltssprüngen von 49 Prozent für die beiden Geschäftsführer der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen (GSE) dürfte ein Ansinnen eines Chefs einer weiteren Sozialgesellschaft für kaum weniger Stirnrunzeln sorgen.

Wie jetzt bekannt wurde, kam Ulrich Lorch, langjähriger Geschäftsführer der Essener Arbeit-Beschäftigungsgesellschaft mbH (EABG) am Zipfelweg in Bergeborbeck, nach der Verlängerung seines Arbeitsvertrages um weitere fünf Jahre auf die Idee, Altersteilzeit zu beantragen. Der Unterstützung seines Aufsichtsrats konnte sich der 58-Jährige dabei offenbar sicher sein. Das Gremium habe „die Wirtschaftlichkeit des Antrages als gegeben angesehen“, steht in einer Sitzungsniederschrift.

Altersteilzeit wurde von OB abgelehnt

Was nach Paragraf 65 des Landesbeamtengesetzes durchaus als ein wenig spektakulärer Vorgang abgestempelt worden wäre, hätte im Fall der EABG jedoch auf Kosten jener Gesellschaft abgewickelt werden müssen, für deren Erfolg Lorch letztlich verantwortlich zeichnet: „Folge wäre, dass in der passiven Phase der Altersteilzeit neben den Bezügen von Herrn Lorch auch noch das Gehalt eines weiteren Geschäftsführers anfiele, was gegen die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme sprechen würde“, heißt es in einem internen Schreiben.

Wer verdient was in Essen?

Andreas Hillebrand ist Geschäftsführer der Grundstücksverwaltung Stadt Essen GmbH (GVE). Er verdient 120 000 Euro + Pensionszusage. Seine Lohnsteigerung gegenüber 2010 ist nicht vergleichbar. Er wechselte vom Beteiligungsmanagement der Stadt zur GVE, die er vorher nebenamtlich betreute, im neuen Aufgabenumfang aber als Vollzeit-Job gilt.
Andreas Hillebrand ist Geschäftsführer der Grundstücksverwaltung Stadt Essen GmbH (GVE). Er verdient 120 000 Euro + Pensionszusage. Seine Lohnsteigerung gegenüber 2010 ist nicht vergleichbar. Er wechselte vom Beteiligungsmanagement der Stadt zur GVE, die er vorher nebenamtlich betreute, im neuen Aufgabenumfang aber als Vollzeit-Job gilt. © Thomas Schmidtke / WAZ FotoPool
Klaus Kunze ist Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe Essen (EVV). Dort verdient er 135 834,78 Euro im Jahr. Zusätzlich erhält er erfolgsbezogene Tantiemen von rund 52 000 Euro und fährt einen Dienstwagen. Er verdient 8,1 % mehr als noch im Jahr 2010.
Klaus Kunze ist Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe Essen (EVV). Dort verdient er 135 834,78 Euro im Jahr. Zusätzlich erhält er erfolgsbezogene Tantiemen von rund 52 000 Euro und fährt einen Dienstwagen. Er verdient 8,1 % mehr als noch im Jahr 2010. © Klaus Micke / WAZ FotoPool
Heinz Bremenkamp, Geschäftsführer der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen mbH (GSE). Er verdient rund 150 000 Euro jährlich. Dazu kommen 20 000 Euro erfolgsbezogene Tantiemen, eine Pensionszusage und ein Dienstwagen. Die Steigerung seines Gehalts im Vergleich zu 2010 liegt bei 49,1 %.
Heinz Bremenkamp, Geschäftsführer der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen mbH (GSE). Er verdient rund 150 000 Euro jährlich. Dazu kommen 20 000 Euro erfolgsbezogene Tantiemen, eine Pensionszusage und ein Dienstwagen. Die Steigerung seines Gehalts im Vergleich zu 2010 liegt bei 49,1 %. © Remo Bodo Tietz / WAZ FotoPool
Günter Büsselberg, ebenfalls Geschäftsführer der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen mbH (GSE), verdient 150 000 Euro im Jahr. Dazu kommen 20 000 Euro erfolgbezogene Tantieme, Pensionszusage und ein Dienstwagen. Die Steigerung seines Gehalts im Vergleich zu 2010 liegt bei 49,1 %.
Günter Büsselberg, ebenfalls Geschäftsführer der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen mbH (GSE), verdient 150 000 Euro im Jahr. Dazu kommen 20 000 Euro erfolgbezogene Tantieme, Pensionszusage und ein Dienstwagen. Die Steigerung seines Gehalts im Vergleich zu 2010 liegt bei 49,1 %. © Remo Bodo Tietz / WAZ FotoPool
Berger Bergmann, der Geschäftsführer von der Theater und Philharmonie Essen GmbH, verdient jährlich 170 976,19 Euro mit Pensionszusage. Die Steigerung seines Gehaltes im Vergleich zu 2010 liegt bei 8,4 %.
Berger Bergmann, der Geschäftsführer von der Theater und Philharmonie Essen GmbH, verdient jährlich 170 976,19 Euro mit Pensionszusage. Die Steigerung seines Gehaltes im Vergleich zu 2010 liegt bei 8,4 %. © Ulrich von Born / WAZ FotoPool
Die Geschäftsführerin der Essen Marketing GmbH (EMG), Eva Sunderbrink, verdient 145 133,73 Euro und fährt einen Dienstwagen. Ihre Lohnsteigerung im Vergleich zu 2010 liegt bei 0,6 %.
Die Geschäftsführerin der Essen Marketing GmbH (EMG), Eva Sunderbrink, verdient 145 133,73 Euro und fährt einen Dienstwagen. Ihre Lohnsteigerung im Vergleich zu 2010 liegt bei 0,6 %. © Alexandra Umbach / WAZ FotoPool
Allbau-Vorstand Dirk Miklikowski verdient im Jahr 141 420 Euro, dazu kommen erfolgsbezogene Tantiemen in Höhe von 24 632,90 Euro. Er fährt einen Dienstwagen und hat eine Zusage für seine Rente. Seine Lohnsteigerung gegenüber 2010 liegt bei 3,0 %.
Allbau-Vorstand Dirk Miklikowski verdient im Jahr 141 420 Euro, dazu kommen erfolgsbezogene Tantiemen in Höhe von 24 632,90 Euro. Er fährt einen Dienstwagen und hat eine Zusage für seine Rente. Seine Lohnsteigerung gegenüber 2010 liegt bei 3,0 %. © Matthias Graben / WAZ FotoPool
Ulrich Lorch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Essener Arbeit-Beschäftigungsgesellschaft mbH, verdient im Jahr 151 234,07 Euro. Darüber hinaus bekommt er erfolgsbezogene Tantiemen in Höhe von 16 000 Euro, er wird Pension erhalten und fährt ein Dienstauto. Er verdient 1,0 % mehr als noch im Jahr 2010.
Ulrich Lorch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Essener Arbeit-Beschäftigungsgesellschaft mbH, verdient im Jahr 151 234,07 Euro. Darüber hinaus bekommt er erfolgsbezogene Tantiemen in Höhe von 16 000 Euro, er wird Pension erhalten und fährt ein Dienstauto. Er verdient 1,0 % mehr als noch im Jahr 2010. © Torsten Leukert / WAZ FotoPool
Dr. Dietmar Düdden, Geschäftsführer der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG), erhält 127 800 Euro und erfolgsbezogene Tantiemen in Höhe von 30 000 Euro im Jahr. Er verdient im Vergleich zu seinem Vorgänger rund 13,9 % weniger, hat aber eine Pensionszusage.
Dr. Dietmar Düdden, Geschäftsführer der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG), erhält 127 800 Euro und erfolgsbezogene Tantiemen in Höhe von 30 000 Euro im Jahr. Er verdient im Vergleich zu seinem Vorgänger rund 13,9 % weniger, hat aber eine Pensionszusage. © Alexandra Umbach / Waz FotoPool
Jochen Fricke, stellvertretender Geschäftsführer der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG), verdient 83 200 Euro im Jahr und bekommt eine Pension. Im Vergleich zu 2010 verdient er 0,3 % mehr.
Jochen Fricke, stellvertretender Geschäftsführer der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG), verdient 83 200 Euro im Jahr und bekommt eine Pension. Im Vergleich zu 2010 verdient er 0,3 % mehr. © Thomas Mader / WAZ FotoPool
Der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Essen AG, Dr. Bernhard Görgens, verdient 241 045,43 Euro im Jahr zuzüglich erfolgsbezogenen Tantiemen in Höhe von 71 123,48 Euro. Er fährt einen Dienstwagen und hat Pensionsansprüche. Sein Gehalt stieg in den vergangenen zwei Jahren um 1,7 %.
Der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Essen AG, Dr. Bernhard Görgens, verdient 241 045,43 Euro im Jahr zuzüglich erfolgsbezogenen Tantiemen in Höhe von 71 123,48 Euro. Er fährt einen Dienstwagen und hat Pensionsansprüche. Sein Gehalt stieg in den vergangenen zwei Jahren um 1,7 %. © Oliver Müller / WAZ FotoPool
Der Technische Vorstand der Stadtwerke Essen AG, besetzt durch Dietmar Bückemeyer, erhält ein jährliches Gehalt von 221 306,34 Euro. Dazu bekommt er 87 086,75 Euro erfolgsbezogene Tantieme, fährt einen Dienstwagen und hat einen Pensionsanspruch. Sein Gehalt stieg im Vergleich zu 2010 um 9,0 %.
Der Technische Vorstand der Stadtwerke Essen AG, besetzt durch Dietmar Bückemeyer, erhält ein jährliches Gehalt von 221 306,34 Euro. Dazu bekommt er 87 086,75 Euro erfolgsbezogene Tantieme, fährt einen Dienstwagen und hat einen Pensionsanspruch. Sein Gehalt stieg im Vergleich zu 2010 um 9,0 %. © Remo Bodo Tietz / WAZ FotoPool
Frank Thorwirth, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Essen GmbH, verdient 224 682,40 Euro im Jahr. Er hat eine Pensionszusage und fährt einen Dienstwagen. Sein Gehalt stieg in den vergangenen zwei Jahren um 0,8 %.
Frank Thorwirth, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Essen GmbH, verdient 224 682,40 Euro im Jahr. Er hat eine Pensionszusage und fährt einen Dienstwagen. Sein Gehalt stieg in den vergangenen zwei Jahren um 0,8 %. © Ulrich von Born / WAZ FotoPool
Egon Galinnis, Geschäftsführer der Messe Essen, verdient jährlich 163 409,11 Euro. Er fährt einen Dienstwagen und hat eine Pensionszusage. Sein Gehalt stieg im Vergleich zu 2010 um 0,9 %.
Egon Galinnis, Geschäftsführer der Messe Essen, verdient jährlich 163 409,11 Euro. Er fährt einen Dienstwagen und hat eine Pensionszusage. Sein Gehalt stieg im Vergleich zu 2010 um 0,9 %. © Remo Bodo Tietz / WAZ FotoPool
Der nebenamtliche Geschäftsführer der Weißen Flotte Baldeney GmbH (WFB), Franz-Josef Ewers, verdient rund 12 592,34 Euro jährlich. Im Vergleich zu 2010 verdient er 3,6 % mehr. Hauptberuflich ist er bei der Essener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (EVV) angestellt.
Der nebenamtliche Geschäftsführer der Weißen Flotte Baldeney GmbH (WFB), Franz-Josef Ewers, verdient rund 12 592,34 Euro jährlich. Im Vergleich zu 2010 verdient er 3,6 % mehr. Hauptberuflich ist er bei der Essener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (EVV) angestellt. © Ulrich von Born / WAZ FotoPool
Wolfgang Fröhlich, Geschäftsführer der Verwertungs- und Betriebs GmbH, verdient rund 94 409,34 Euro und bekommt zusätzlich 18 000 Euro erfolgsbezogene Tantieme. Er fährt einen Dienstwagen, hat eine Rentenzusage und sein Gehalt wurde um 0,7 % erhöht.
Wolfgang Fröhlich, Geschäftsführer der Verwertungs- und Betriebs GmbH, verdient rund 94 409,34 Euro und bekommt zusätzlich 18 000 Euro erfolgsbezogene Tantieme. Er fährt einen Dienstwagen, hat eine Rentenzusage und sein Gehalt wurde um 0,7 % erhöht. © Stadtbildstelle Essen
Burkhard Wüllscheidt, Geschäftsführer der Essener Arbeit - Beschäftigungsgesellschaft mbH (EABG), verdient im Jahr 130 732,71 Euro, dazu kommen erfolgsbezogene Tantiemen in Höhe von 16 000 Euro, und er fährt einen Dienstwagen. Sein Gehalt stieg im Vergleich zu 2010 um 7,0 %.
Burkhard Wüllscheidt, Geschäftsführer der Essener Arbeit - Beschäftigungsgesellschaft mbH (EABG), verdient im Jahr 130 732,71 Euro, dazu kommen erfolgsbezogene Tantiemen in Höhe von 16 000 Euro, und er fährt einen Dienstwagen. Sein Gehalt stieg im Vergleich zu 2010 um 7,0 %. © Jan Dinter / WAZ FotoPool
Dr. Horst Zierold, Vorstand der Essener Verkehrs-AG (EVAG), verdient im Jahr 163 230,95 Euro. Dazu kommen rund 39 626,77 Euro erfolgsbezogene Tantiemen. Er hat eine Pensionszusage, und fährt einen Dienstwagen. Sein Gehalt stieg um rund 0,8 %.
Dr. Horst Zierold, Vorstand der Essener Verkehrs-AG (EVAG), verdient im Jahr 163 230,95 Euro. Dazu kommen rund 39 626,77 Euro erfolgsbezogene Tantiemen. Er hat eine Pensionszusage, und fährt einen Dienstwagen. Sein Gehalt stieg um rund 0,8 %. © Alexandra Umbach / WAZ FotoPool
Der Geschäftsführer von Suchthilfe direkt, Klaus Mucke, erhält im Jahr 73 970,89 Euro. Er hat eine Pensionszusage, und sein Gehalt stieg im Vergleich zu 2010 um 2,1 %.
Der Geschäftsführer von Suchthilfe direkt, Klaus Mucke, erhält im Jahr 73 970,89 Euro. Er hat eine Pensionszusage, und sein Gehalt stieg im Vergleich zu 2010 um 2,1 %. © Remo Bodo Tietz / WAZ FotoPool
Der Geschäftsführer der Jugendberufshilfe, Jochen Drewitz, verdient jährlich 76 119,00 Euro. Das sind 0,4 % weniger als im Jahr 2010. Allerdings hat er eine Pensionszusage.
Der Geschäftsführer der Jugendberufshilfe, Jochen Drewitz, verdient jährlich 76 119,00 Euro. Das sind 0,4 % weniger als im Jahr 2010. Allerdings hat er eine Pensionszusage. © Anika Wacker / WAZ FotoPool
Bernd Schmidt-Knop, zweiter Werksleiter bei Grün und Gruga, verdient im Jahr 77 680,27 Euro. Er hat eine Pensionszusage, und sein Gehalt stieg in den vergangenen zwei Jahren um 1,8 %.
Bernd Schmidt-Knop, zweiter Werksleiter bei Grün und Gruga, verdient im Jahr 77 680,27 Euro. Er hat eine Pensionszusage, und sein Gehalt stieg in den vergangenen zwei Jahren um 1,8 %. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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Zu einer ähnlichen Einschätzung kamen offenbar weitere Vorgesetzte des EABG-Geschäftsführers, die das Ansinnen ausbremsen wollten: Da Finanz-Experten des Rathauses ausweislich eines Aufsichtsrats-Protokolls die Gefahr sahen, dass die für die Altersteilzeit des Chefs notwendigen Pensionsrückstellungen das Jahresergebnis seiner eigenen Gesellschaft, die finanziell alles andere als auf Rosen gebettet ist, zusätzlich belasteten, ließ Oberbürgermeister Reinhard Paß signalisieren: Der Altersteilzeitfall werde von ihm abgelehnt. Ulrich Lorch soll das akzeptiert haben. Für eine Stellungnahme gegenüber der NRZ stand er trotz Nachfrage nicht zur Verfügung.

Nicht-Genehmigung würde 100.980 sparen

Seine kaufmännische Leiterin hat’s derweil mal nachgerechnet: Für die beantragte Altersteilzeit im Blockmodell (das heißt: drei Jahre aktiv/drei Jahre passiv) wären im laufenden Jahr Rückstellungen in Höhe von rund 290.610 Euro fällig, die „nicht liquiditätswirksam“ seien, sich aber auf das Jahresergebnis 2012 der EABG niederschlagen, wie Lorch in einem Schreiben skizzierte: „Die EABG würde als Einzelunternehmen einen Verlust von rund 761.008 Euro erwirtschaften.“ Danach folgt die Einsicht: Das Jahresergebnis des Wirtschaftsplans 2013 würde sich um 100.980 Euro verbessern können, wenn die Altersteilzeit vom Oberbürgermeister nicht genehmigt würde. Das fand offenbar Gehör.