Essen. Wirt Winfried B. aus Essen ist seit Samstag verschwunden. Er betreibt die Realto-Schenke und ist gleichzeitig Kassierer des dortigen Sparclubs. Mit Winfried B. ist auch das Geld der Sparer verschwunden. Die Sparclub-Mitglieder schätzen den Verlust auf bis zu 100.000 Euro.
Winfried B. war ein Frohnhauser Urgestein. Er war Vereinskaiser des Bürgerschützenvereins, Betreiber der „Realto-Schenke“ an der Frohnhauser Straße in Essen und Kassierer des dortigen Sparclubs. Seit Samstag ist der Mann spurlos verschwunden - und mit ihm das Geld der Sparer. 40.000 Euro Schaden hat die Polizei bisher registriert; Mitglieder des Sparclubs schätzen allerdings, dass das verschwundene Geld sich auf 100.000 Euro summieren wird. Die Polizei ermittelt jetzt wegen Unterschlagung, hat aber bisher keine Spur von Winfried B. Zu Hause sitzt seine Frau rat- und mittellos.
Der Samstag hätte der schönste Tag im Jahr werden sollen für die rund 100 Mitglieder des „Sparclubs Realto-Schenke“: Zahltag! Die Kneipe war gesteckt voll. Um 18 Uhr hätte Winfried B. Geld auf den Tisch legen sollen, danach war ein fröhlicher Umtrunk vorgesehen. Mitsparer Günter Hock freute sich auf einen warmen Segen von rund 2300 Euro. „Ich habe jede Woche 50 Euro in den Sparkasten gesteckt.“
„Ich bin weg und komme nicht zurück“
Doch der Abend nahm einen dramatisch anderen Verlauf. Wer nicht kam, war Winfried B. Schnell machten Gerüchte die Runde. Bis die Tochter des Hauses es auf sich nahm, der versammelten Spar-Runde zu verkünden: Winfried B. ist weg - und das ganze Geld auch. Die geprellten Sparer alarmierten die Polizei. Dieter Lettau, Mitglied des Sparclubs („Ich kenne den seit 50 Jahren“), berichtet: „Die Kripo ist an dem Abend noch dreimal gekommen, für den Fall, dass der Mann nochmals auftaucht.“
Ist er aber nicht, und derzeit sieht es auch nicht danach aus. Winfried B.’s Ehefrau bekam am Samstag einen Anruf von ihrem Mann. Kernaussage: „Ich bin im Ausland und komme nicht mehr zurück.“
Mit Hilfe der Sparclub-Mitglieder und der Familie hat die Polizei die letzten Tage nachgezeichnet. Am Donnerstag hatte Dieter Lettau Winfried B. noch Hilfe angeboten. „Ich habe ihn gefragt: Brauchst du Hilfe beim Eintüten der Auszahlungsbeträge? Er hat abgelehnt. Nun ja, jetzt wissen wir, warum.“ Am selben Abend, berichten Stammgäste, habe sich Winfried B. mit drei „südländisch aussehenden Typen“ am Tresen ein heftiges Wortgefecht geliefert. Ging es dabei um offene Schulden? Im Nachhinein wollen viele einen Verdacht gehabt haben. Fest steht aber bisher nur: Am Freitag hat B. gemeinsam mit einem dazu berechtigten Familienmitglied die Sparclub-Gelder abgehoben - mit Hinweise auf die bevorstehende Auszahlung am folgenden Tag. Dann verliert sich seine Spur. Den Anruf bei seiner Frau tätigte er angeblich schon aus dem Ausland.
„Ihr wart alle viel zu blauäugig“
Am Montag hat sich Lettau von der Sparkasse Frohnhausen den Totalverlust bestätigen lassen und sich mit dem Vorwurf beschäftigt: Ihr wart alle viel zu blauäugig! „Wir haben das mit dem Sparkasten doch schon jahrelang gemacht“, sagt Günter Hock. „Und nie ist etwas passiert. Der Mann gehört als Vereinskaiser zu den Honoratioren in Frohnhausen.“ Lettau sieht das etwas differenzierter und spricht von „Dingen, die uns schon hätten warnen können.“
Zwischenfazit der Frohnhauser: Der Wirt ist weg, das Geld ist weg, die Kneipe im Gebäude des 1956 eröffneten Rialto-Kinos ist dicht. Winfried B.’s Ehefrau hat allerdings schon laut darüber nachgedacht, das Realto am Wochenende wieder zu öffnen.