Essen. . Suchst du noch oder studierst du schon? In Essen ist die Antwort in der Regel letztere. Der hiesige Wohnungsmarkt hat seine eigenen Regeln. In Studentenwohnheimen ist der Platz knapp. Aber auf dem freien Mietmarkt gibt es noch Kapazitäten - bei einigen Gesellschaften sogar mit Studenten-Rabatt.
Die Warteliste ist der Lieblingsfeind des deutschen Studenten, in keiner anderen Disziplin ist er so erprobt wie im geduldigen Ausharren. Hat er erstmal einen Platz an der Uni ergattert, muss er mit hoher Wahrscheinlichkeit gleich wieder warten – auf einen Platz im Seminar, auf ein Zimmer im Wohnheim.
Rund 70.000 Studentenwohnungen fehlen in Deutschland, konstatierte jüngst Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) bei einem Treffen mit Vertretern von Ländern, Kommunen und Immobilienwirtschaft. Wie viele von diesen 70.000 in Essen fehlen? Keine, heißt es beim Studentenwerk als größtem Anbieter in seltener Einmütigkeit mit den Studierendenvertretern des Asta. Der Essener Wohnungsmarkt, er hat seine eigenen Regeln.
„Die Lage ist entspannt – noch“
„Wir haben im Moment 18 freie Zimmer und 51 Bewerber auf der Liste“, so der stellvertretender Geschäftsführer des Studentenwerks, Udo Scherner. Es gelte die Zusage, dass jeder Interessent bei rechtzeitiger Anfrage zu Semesterbeginn ein Zimmer bekommt, wenn auch nicht gleich im Wunsch-Wohnheim. Knapp 1100 Plätze bietet das Studentenwerk an sechs Standorten in Essen an. Saniert wird zudem gerade das Wohnheim an der Eckenbergstraße in Kray. 350 Studenten können hier nach Abschluss der Arbeiten unterkommen.
Ansturm auf TU Dortmund
Mit diesem Bestand sei die derzeitige Nachfrage gut zu bewältigen, so Scherner. „Die Lage ist entspannt – noch.“ Auch an der Uni Duisburg-Essen wähnt man mit dem doppelten Abiturjahrgang neue Herausforderungen auf die Hochschule zukommen. Gerade hat der Bau eines neuen Hörsaalzentrums begonnen. Doch nicht nur in Sachen Lehre, sondern ebenso bei der studentischen Infrastruktur wird man sich für den Mehrbedarf wappnen müssen. „Ich glaube nicht, dass es hier zum großen Knall kommt, es kann aber brenzlig werden“, so Scherner.
Im ehemaligen Bundeswehrstandort am Zehnthof gäbe es Platz für Studenten
Beim Studentenwerk hat man deshalb vorsichtshalber schon mal die Fühler ausgestreckt – und auch das Stichwort „Kaserne“, das in der bundesweiten Debatte immer wieder fiel, ist den Verantwortlichen vor Ort nicht fremd. Auf dem Gelände des ehemaligen Bundeswehr-Standorts am Zehnthof gäbe es noch Miet-Kapazitäten, hat man erfahren. 200 bis 300 Studenten könnten dort unterkommen, so Scherner. „Aber wirklich nur im Notfall.“
Der bahne sich bislang nicht an, heißt es auch beim Allgemeinen Studierenden-Ausschuss. Verzweifelte Erstsemester ohne Dach über dem Kopf seien im Asta-Büro jedenfalls schon lange nicht mehr aufgeschlagen. Das liege auch am Mietmarkt in Essen, der nun mal deutlich weniger umkämpft ist als der in Münster oder Düsseldorf. Zumindest im Norden der Stadt, auch unweit des Campus’, herrscht an günstigem Wohnraum kein Mangel. Die dort vertretenen Wohnungsgesellschaften werben weiterhin massiv um studentische Kunden.
Preisnachlässe für Studenten
Die Wohnbau eG etwa, die in Uni-Nähe 150 bis 200 kleine Wohnungen besitzt, gewährt Studenten bereits seit zehn Jahren einen monatlichen Miet-Nachlass von 50 Euro. Wer nach Altendorf zieht, erhält zusätzlich einmalig 500 Euro. Daran, diese Bonbons einzusparen, hat man bei der Genossenschaft noch nicht gedacht. Von studentischer Wohnungsnot ist hier wenig zu spüren, im Gegenteil. „Die Studenten können immer noch auswählen“, so der Eindruck von Wohnbau-Sprecher Frank Skrube. Auch der Allbau umgarnt Studenten nach wie vor mit Preisnachlässen – Motto: „Einziehen und Absahnen“. Zu den Bestandswohnungen des kommunalen Unternehmens sollen sich Ende 2015 rund 60 neue Studenten-Apartments gesellen. Sie sind Teil des umfassenden Bauprojekts im Kreuzeskirchviertel.
Das Studentenwerk dagegen plant derzeit nicht, weitere Dauer-Kapazitäten zu schaffen. „Wir lassen das jetzt erstmal auf uns zukommen“, sagt Vize-Geschäftsführer Scherner mit Blick auf die Entwicklung der Studentenzahlen. Ohnehin ist unklar, woher das Geld für Neubauten kommen sollte. „Wir haben in den vergangenen Jahren bereits erheblich investiert.“ Zwischen 2009 und 2012 seien 38 Millionen Euro in Sanierungen geflossen, in der Hauptsache Eigenmittel. 15 Millionen Euro stammten aus dem Konjunkturpaket II. An der Freistattstraße vis-a-vis der Uni hat das Studentenwerk ein privates Wohnhaus erworben und kernsaniert, 70 Plätze in Zweier-WGs sind dort entstanden.
Das derzeit eingerüstete Wohnheim an der Eckenbergstraße dagegen wird nach der Rundum-Sanierung weniger Zimmer zählen als vorher, weil diese nun ein eigenes Bad haben. Die alten Unterkünfte mit „Nasszelle“ auf dem Flur wären wohl allenfalls noch in der größten Not vermietbar gewesen.
Wohnheimzimmer ab 200 Euro warm
Die Wohnheime des Studentenwerks sind weit über Essen verteilt – der Gedanke war seinerzeit, universitäres und städtisches Leben möglichst stark zu durchmischen.
Die sieben Standorte liegen an der Sommerburgstraße auf der Margarethenhöhe, am Niehusmannskamp in Altenessen, an der Veledastraße in Borbeck sowie an der Meistersinger- und der Eckenbergstraße in Kray. In Uni-Nähe gibt es die Häuser an der Freistattstraße und Auf der Union.
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Die Studenten leben dort in Einzel- und Doppel-Apartments oder Wohngemeinschaften. Auch einige Familienwohnungen gibt es. Die meisten Zimmer sind möbliert, Mietpreise liegen zwischen 200 und gut 300 Euro warm.
Bei den Studenten gefragt sind die Uni-nahen Einrichtungen, insbesondere das renovierte Haus an der Freistattstraße, die weiter entfernt gelegenen Häuser gelten als weniger beliebt. Entscheidendes Kriterium sei heute auch die schnelle Internetverbindung, so Udo Scherner vom Studentenwerk. „Ohne die sind Zimmer gar nicht mehr zu vermieten.“