Essen. . Unfallrisiken auf Schulhöfen in Essen wurden seitens der städtischen Immobilienwirtschaft über Jahre ignoriert. Die fadenscheinige Ausrede der Verwaltung: es gebe kein Geld für Reparaturen. Es ist wahrlich ein Armutszeugnis.

Christiane Roscher streckt die Arme aus. So, als wolle die ehemalige Konrektorin das Wasser unter ihren Stiefeln teilen. Doch es hält sich hartnäckig in einer der vielen Senken im Asphalt des Pausenhofes der Fischlaker Ruhrtalschule. Seit langem schon.

Im Herbst werden die Füße der Schüler nass, im Winter wird es schlimmer. Gefrieren die Pfützen, ist die Verletzungsgefahr mindestens so groß wie an den vielen anderen Ecken auf dem Gelände der Förderschule, wo Wurzeln großer Bäume den Asphalt gleich plackenweise aufwerfen. Seit Jahren sind diese massiven Unfallrisiken der Stadt bekannt, sagt Ludger Dornebeck. Mindestens genauso lange wartet der Schulleiter „dringend auf Abhilfe“. Bis heute vergeblich. Doch damit ist er keineswegs allein.

Wahrlich ein Armutszeugnis

An mindestens acht Essener Schulen hat die zuständige städtische Immobilienwirtschaft lange Zeit weggeschaut und wider besseres Wissen als ohne Wenn und Aber zu beseitigende Sicherheitsmängel offenbar billigend in Kauf genommen. Angeblich, weil das Geld hinten und vorne nicht reichte.

Es ist wahrlich ein Armutszeugnis, dass das städtische Rechnungsprüfungsamt den Verantwortlichen für diese kaum zu rechtfertigenden Nachlässigkeiten ausgestellt hat: „Bei Ortsbesichtigungen wurde festgestellt, dass die seinerzeit aufgenommenen Mängel bis heute nicht oder nur zu einem geringen Teil beseitigt wurden“, heißt es in einem internen Bericht. Und kurz danach wird’s noch deutlicher: „Bei diesen Schulhöfen liegen somit seit mehreren Jahren zum Teil erhebliche Unfallgefahren vor.“

Die verfügbaren Gelder hätten nicht ausgereicht

Auf Nachfrage hieß es seitens der Immobilienwirtschaft, man habe nicht handeln können, weil „die verfügbaren Gelder nicht ausgereicht haben, um die erforderlichen Maßnahmen auch zeitnah abwickeln zu können“. Diesen Einwand halten die Rechnungsprüfer allerdings für wenig stichhaltig: Aufgrund der Unabweisbarkeit der Maßnahmen, „ist der Verzicht wegen fehlender Gelder nicht nachvollziehbar“. Die Stadt unterliegt einer Verkehrssicherungspflicht, von der es keine Ausnahme gibt und schon gar nicht geben sollte, wenn es um das Wohl und Wehe von Kindern geht.

Immerhin: Nach der Grätsche von Amts wegen wurde hie und dort nachgebessert. Auf den Höfen der Joachimschule und der Theodor-Heuss-Schule werden jetzt oder wurden bereits Löcher beseitigt oder marode Tischtennisplatten ersetzt. An weiteren Standorten jedoch müssen Schüler wie Lehrer bis ins kommende Jahr hinein mit den Missständen leben, die zum Teil dazu führen, dass gewisse Abschnitte der Pausenhöfe überhaupt nicht genutzt werden können.

Etwas mehr Aufwand und Geld wird es wohl kosten

Am Gymnasium Werden und an der Herbartschule sind Zäune zu erneuern oder durch Baumwurzeln entstandene Stolperfallen im Asphalt zu beseitigen, an der Joachimschule warten Fundamente von Bänken samt Befestigungsschrauben auf ihre Entschärfung, der Hof der Diergardtschule bekommt eine neue Decke, die Pflasterung der Zufahrt zur Turnhalle des Helmholtzgymnasiums ist zu regulieren, um nur ein paar Beispiele noch notwendiger Arbeiten zu erwähnen.

Etwas mehr Aufwand und Geld wird es wohl kosten, das Außengelände der Ruhrtalschule wieder sicher zu machen. Womöglich sind Bäume zu entfernen und durch Neuanpflanzungen zu ersetzen, „die auch langfristig keine Beschädigungen von Schulhofdecken durch Wurzelaufwerfungen verursachen“, kündigte die Immobilienwirtschaft an. Zu diesem Zweck suche man das Gespräch mit der Stadttochter Grün und Gruga. Gegenüber der NRZ wollten weder die zuständige Dezernentin Simone Raskob noch Ingo Penkwitt, Chef der Immobilienwirtschaft, eine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben. Keine Antwort ist auch eine Antwort – zumindest das ist sicher.

Die Prüfung

Die Prüfung lief zwischen den Monaten Dezember 2011 bis Mai des laufenden Jahres. Es sollte kontrolliert werden, inwieweit die Absprachen zur Sanierung von Schulhöfen zwischen dem Rechnungsprüfungsamt und der Immobilienverwaltung eingehalten wurden.

44 als unbedingt notwendig erachtete Sanierungen aus den Jahren 2006 bis 2010 wurden bei den Ortsterminen näher in Augenschein genommen. Sechs davon wurden wegen angeblich fehlender Finanzmittel überhaupt nicht angegangen. An zwei weiteren Schulstandorten passierte ebenfalls nichts, „ohne dass hierfür eine schlüssige Begründung vorlag“, wie die Rechnungsprüfer in ihrem aktuellen Bericht kritisieren