Essen. Vor zwei Jahren erklärte der Bundesgerichtshof eine Preisklausel für Gaskunden in den Verträgen der Stadtwerke Essen für unwirksam. Bis heute kämpfen Verbraucher um Rückerstattungen. Die Stadtwerke sehen jedoch keine Notwendigkeit, Geld zurückzuerstatten. Sie hätten Preise immer korrekt erhöht.
Der langwierige Rechtsstreit zwischen den Stadtwerken Essen und einigen ihrer Gaskunden bewegt sich auf ein Ende zu – und beide Seiten fühlen sich als Gewinner.
Im Kern ging es dabei um eine Preisanpassungsklausel, wie sie in vielen Städten in den Verträgen von Gaskunden stand. Sie ermöglichte es den Stadtwerken, die Preise für den Endverbraucher zu erhöhen, wenn die Marktpreise steigen – oder sie zu senken, wenn diese fallen. Bloß: „So wie die Klausel formuliert war, hatte der Verbraucher keine Garantie, dass es wirklich auch einmal zu Preissenkungen kommt“, sagt der Essener Anwalt Volker Heidelbach, der zahlreiche Stadtwerke-Kunden vertritt.
Diese Sichtweise wurde im Januar 2010 – nach juristischen Teilerfolgen für beide Seiten – vom Bundesgerichtshof bestätigt. Die Klausel sei nicht transparent und ermögliche eine freihändige Preisgestaltung – wenn sie „besonders kundenfeindlich“ ausgelegt werde. Das aber bestreiten die Stadtwerke Essen bis heute: „Wir haben niemanden übervorteilt, und das hat auch kein Gericht gesagt. Es macht einen Unterschied, ob jemand zu Unrecht zu hohe Preise nimmt oder ob er nur eine intransparente Klausel verwendet“, betont Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun.
Kunden könnten Rückforderungen geltend machen
Anwalt Heidelbach hielt immer dagegen, dass mancher Kunde beachtliche Rückforderungen an die Stadtwerke geltendmachen könne. Von bis zu 28.000 Euro ging er im vergangenen Jahr aus. Nach einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14. März 2012 gebe es nun auch eine Rechenformel für die Ansprüche, die bis zu maximal drei Jahre rückwirkend geltend gemacht werden können.
Heidelbach räumt ein: „Der BGH ist mit dem Urteil ein Stück weit zurückgerudert.“ Sprich: Die Summen liegen nicht gar so hoch wie erwartet. Im Laufe diesen Jahres sei seinen Mandanten immerhin zwischen 400 und 2000 Euro zugesprochen worden. Dabei ging es um 55 erstinstanzliche Fälle. Außerdem seien noch 85 Berufungsverfahren anhängig, die für Januar und Februar 2013 terminiert seien.
60.000 Gaskunden betroffen
Von den 60.000 betroffenen Gaskunden hätten überdies 8000 Widerspruch gegen ihre Rechnungen eingelegt. Nun könne man erwarten, dass die Stadtwerke ihnen den Rechtsweg ersparen, findet Heidelbach. Das sieht Dirk Pomplun ganz anders: „Wir sehen keine Notwendigkeit, Geld zurückzuerstatten, denn wir haben unsere Preise immer korrekt erhöht.“
Und die inkriminierte Klausel sei seit Jahren aus den Verträgen getilgt. Er rate den Kunden, eine Klage sorgfältig abzuwägen: „Am Ende bekommen Sie 70 Euro zugesprochen – ob es das wert ist?“ Heidelbach wundert sich dagegen, „dass nicht viel mehr Kunden Geld zurückfordern“.