Essen. . Stadt und Polizei haben fünf Jahre lang alle 558 Einbahnstraßen zwischen Karnap und Kettwig geprüft. In 252 Fällen dürfen nun Fahrradfahrer in Gegenrichtung hineinfahren. Doch ausgerechnet in den grünen Stadtteilen an der Ruhr und am See bleibt auch für Radler eine Einbahnstraße eine Einbahnstraße.
Dass es in Einbahnstraßen immer nur streng in eine Richtung geht, diese Zeiten sind in Essen für Radfahrer endgültig vorbei. Die Verhältnisse in fast jeder zweiten der 558 Einbahnstraßen zwischen Karnap und Kettwig haben sich grundlegend geändert, ein „Verbot der Einfahrt“ gilt für die Pedalklasse hier jedenfalls nicht mehr.
Dabei hat es sich die Stadt alles andere als leicht gemacht: Eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe, an der sich auch die Essener Polizei beteiligte, bereiste und begutachtete seit 2007 sämtliche Einbahnstraßen. Vor wenigen Wochen legte sie ihr Ergebnis vor. Heute wird sich erstmals der Ausschuss für Stadtentwicklung mit der neuen Offenheit auf 252 Straßen befassen.
"Keine relevanten Zahlen"
Pauschal alle Einfahrtverbote für den Radverkehr aufzuheben, dieser Schritt ging Polizei und Stadt doch zu weit. Das wäre laut Straßenverkehrsordnung (StVO) zwar dort möglich gewesen, wo Tempo 30 gilt, doch schreibt die StVO auch vor, die Regelung sofort wieder einzukassieren, sollte es vermehrt zu Unfällen kommen. Eine erste Auswertung der Unfallzahlen von 2008 bis September 2012 ergab jedoch, dass sich in den bis dahin geöffneten 187 Einbahnstraßen gerade einmal in sechs Straßen jeweils ein Unfall ereignete.
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„Das sind wirklich keine relevanten Zahlen“, meint Essens Stadtdirektor Hans-Jürgen Best, der ein „besseres Verständnis“ der Autofahrer beobachtet, weil immer mehr Essener in ihrer Freizeit aufs Rad umsteigen: „Wir nähern uns langsam der holländischen Sichtweise auf den Radverkehr.“ Die Öffnung der Einbahnstraßen verbessere die Qualität des Radwegenetzes erheblich: „Wir sch affen mit wenig Aufwand neue Wege.“
„Wir können hier sicher noch mehr schaffen“
In vielen Fällen hätten Zusatzschilder ausgereicht, einige Straßen habe die Stadt zu Fahrradstraßen umgewidmet, nur in 20 Fällen musste in Bordsteinradwege oder Radfahrstreifen investiert werden. Mancherorts allerdings blieben Einbahnstraßen auch aus Kostengründen verschlossen.
Auch Grünen-Ratsherr Rolf Fliß lobt die Initiative und die Arbeit von Stadt und Polizei, fordert aber auch, die Liste noch einmal durchzugehen: „Wir können hier sicher noch mehr schaffen.“ Einfach nur ärgerlich findet der umweltpolitische Sprecher der Grünen allerdings die „Ignoranz“ in den Bezirksvertretungen Ruhrhalbinsel und Werden/Kettwig, die eine Begutachtung ihrer Einbahnstraßen ablehnten: „Ganz Essen öffnet sich den Radfahrern, macht damit gute Erfahrungen, und ausgerechnet im Süden der Stadt verweigern sich CDU und FDP. Das ist eindeutig der falsche Weg.“
Dass ausgerechnet in den grünen Stadtteilen an der Ruhr und am See auch für Radler eine Einbahnstraße eine Einbahnstraße bleibt, soll allerdings nicht das letzte Wort sein: „Wir werden das Thema in der Fraktion und in den Arbeitskreisen besprechen“, sagt Uwe Kutzner, planungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Auch im Süden sollte eine Prüfung möglich sein, wir wollen die Entwicklung des Radverkehrs natürlich unterstützen.“