Essen. . Initiatoren: Es geht um mehr als nur die Stadtteil-Bibliotheken.
So weit ist es also schon gekommen – dass ausgerechnet ein Kommunist die Demokratie retten will. Denn um nicht weniger, so Patrik Köbele, geht es in diesen Tagen, da der OB auf der Grundlage eines bloßen Verwaltungsgerichts-Urteils aus Köln dem Essener Rat ein Entscheidungsrecht bei all den einschneidenden Job-Sparplänen in der Stadtverwaltung abspricht.
Das Stadtparlament werde damit „zur Quasselbude degradiert“, ätzt Köbele. Und weil der DKP-Aktivist derzeit niemanden sieht, der das Problem auf die Spitze treibt und den Oberbürgermeister bis hin vor den Kadi „zum Kampf herausfordert“, wie der Ex-Ratsherr es formuliert, versuchen es halt die Initiatoren jenes Bürgerbegehrens zum Erhalt der Stadtteilbibliotheken, das von Reinhard Paß vor zwei Wochen so jäh gestoppt wurde: Sie haben mit sofortiger Wirkung die Unterschriftensammlung wieder aufgenommen, wollen in den nächsten Wochen und Monaten mobil machen gegen die drastische Kürzung von Öffnungszeiten in acht Bücherei-Filialen.
Rat entscheidet 2013 Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens
Und so ganz nebenbei, finden Köbele und seine Mitstreiterin Dagmar Kunellis, helfen sie der Politik Rat auf die Sprünge – indem sie diese in eine Bredouille bringen. Denn wenn am Ende der Sammelzeit, voraussichtlich Ende Februar 2013, der Rat über die Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens zu befinden hat, dann stimmt er dabei quasi über sich selber ab. Weil nämlich in der Stadtspitze die rechtliche Auffassung vertreten wird, dass das Kölner Urteil nicht nur den Bürgern, sondern auch dem Stadtparlament jeden Einfluss auf die vermeintlich „innere Organisation“ der Verwaltung nimmt.
Köbele glaubt an einen gezielten Vorstoß Paß’, um die Ratsmacht zu umgehen. Als Vertretungsberechtigter des Bürgerbegehrens hatte er Akteneinsicht genommen und dabei festgestellt, dass im Rathaus die ursprünglich Fassung eines Schreibens an die Initiatoren gezielt verschärft wurde. Handschriftlich war die Schlussformulierung dahingehend geändert worden, dass „eine Unzulässigkeit vorliegt“, wo vorher noch eine schwächere Formulierung stand. „Paß scheint auf Augen-zu-und-durch zu setzen“, so Köbele.
Sorge um bloßes Durchwinken
Mittlerweile ist auch in der Politik angekommen, dass man die Dinge nicht einfach weiter laufen lassen kann. Dass detaillierte Auswirkungen der Job-Kürzungen bei Stadtteil-Bibliotheken, VHS und Folkwang Musikschule schon am Mittwoch im Kultur-Ausschuss nur zur Kenntnis und nicht zur Entscheidung vorgelegt werden sollen, empfand die Kulturverwaltung als Erfüllung eines Auftrages, den die Politik ihr einst gab.
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Die aber sorgt sich nun, dass ein bloßes Durchwinken der Informationen – zum Beispiel geht es um die geplanten Schließungstage in den Stadtteilbüchereien – als stillschweigendes Okay gedeutet werden könnten. Folge: Die einen wollen die Themen von der Tagesordnung absetzen, andere womöglich gezielt Anträge stellen, um Entscheidungen zu treffen. Denn wenn OB Paß es ernst nimmt mit der Sichtweise, der Rat dürfte nicht mitbestimmen, müsste er diese Beschlüsse womöglich offiziell beanstanden. Damit wäre dann der Weg frei, vor Gericht zu gehen.
Provokation also als Mittel der Politik – Kommunist Köbele würde da wohl gar nicht widersprechen...