Essen. . Das Bürgerbegehren „Erhaltet die städtischen Bibliotheken“ kommt dem Rat zuvor: Statt auf dessen Entscheidung Ende November zu warten, beginnen die Unterstützer nun mit der Unterschriftensammlung.

Aktionismusvorwurf hin oder her – bevor der Stadtrat über das Job-Sparpaket der Verwaltung entscheidet, wollen die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Erhaltet die städtischen Bibliotheken“ selbst aktiv werden: Auf einer Versammlung am Montagabend in der Zeche Carl, dominiert von Vertretern des linken Spektrums (Die Linke, Bürgerliste Nord, DKP, MLPD), votierte eine klare Mehrheit der rund 30 Anwesenden für den Start des Begehrens.

Das Unterschriftenformular mit der rechtlich zulässigen und vom Wahlamt geprüften Frage samt Begründung hatte Mit-Organisator Patrik Köbele, der sich bereits seit dem Frühjahr in Lauerstellung befand, als Druckvorlage zur Vervielfältigung da bereits in der Aktentasche. Die Unterschriftensammlung wurde am Dienstag eingeläutet. Nur die Entscheidung, ob man noch mehrere parallele oder ein zusammengefasstes Begehren gegen Einsparungen bei der Volkshochschule, den Schulhausmeistern und dem offenen Ganztag oder gegen die Schließung der sechs Bürgerämter folgen lässt, wurde erst einmal vertagt.

Zumindest ein Teilerfolg

„Es wird verdammt viel Arbeit, aber ich bin mir sicher: Wir schaffen das“, sagt Köbele, der mit der evangelischen Pfarrerin Dagmar Kunellis und Gisela Kühn (Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendliteratur) vertretungsberechtigt ist. Die genaue Zahl der Wahlberechtigten – bei der Kommunalwahl 2009 waren es rund 460.000 Bürger – ermittele man, so das Wahlamt, am Stichtag, an dem man die Unterschriften erhalte. Köbele geht von 14.000 Unterschriften aus, um die für einen Erfolg des Begehrens notwendigen drei Prozent der Stimmberechtigten hinter sich versammeln zu können. Um Luft zu haben, peilt man 17.000 an. Folgt der Rat Ende November dem Plan der Verwaltung, hätten die Unterstützer drei Monate Zeit zum Sammeln – bis Ende Februar.

Den Beschluss des Viererbündnisses aus der Mai-Ratssitzung, der den Erhalt aller Standorte bis zum Ende der Ratsperiode 2014 garantiert, sah Köbele stets nur als Teilerfolg. Die selbst ernannten Bibliotheken-Schützer – ihr Symbol ist ein als Robin Hood verkleideter Bücherwurm – betonten am Montag erneut ihre Furcht vor einem „Kahlschlag“ durch Personaleinsparungen und Budgetkürzungen – trotz gestiegener Ausleihzahlen. Das Job-Sparpaket, das zum Wegfallen von 16,19 der 111 Stellen bei den Bibliotheken führe, gab den Ausschlag für den Start. Weiter geht’s vorerst am 16. Oktober in der Zeche Helene bei einem Planungstreffen des Koordinierungskreises.

Erste Reaktionen von den Parteien blieben aus. Oberbürgermeister Reinhard Paß sagte am Rande der Münchener Immobilienmesse „Expo Real“: Dass Bürger auf eigene Initiative ein Begehren starten, „ist ihr gutes Recht. Ich wäre aber auch dankbar, wenn das bürgerschaftliche Engagement dazu beiträgt, Alternativen zu erarbeiten, die das kompensieren, was man nicht einsparen will.“

Die Fragestellung im Wortlaut

„Sollen die städtischen Bibliotheken (Zentralbibliothek, Stadtteilbibliotheken, französische Bibliothek) hinsichtlich der existierenden Standorte (17 Standorte), der Öffnungszeiten, der Personalausstattung (Stellenplan Haushalt 2012: 111 Stellen) und des Budgets für den Medienerwerb mindestens im heutigen Stand erhalten werden?“ Begründet wird dies mit wohnortnaher Medien-Versorgung, dem Zugang zu Bildung und Information, der Freizeitgestaltung sowie bereits erfolgten Ausdünnungen in der Vergangenheit. Die Kosten zum Aufrechterhalten des Status quo beziffern die Initiatoren auf 9,4 Millionen Euro.