Essen. Viele Arztpraxen hatten am Mittwoch nicht geöffnet. Denn rund 120 niedergelassene Mediziner und Praxispersonal kamen zur einer Fortbildung zusammen. Der Kompromissvorschlag der Krankenkassen wird derzeit bewertet.
Einen Kompromiss haben Mediziner und Krankenkassen im Honorarstreit bereits am Dienstagabend gefunden. Doch wer gehofft hatte, damit seien drohende Protestaktionen vom Tisch – fand sich am Mittwoch nicht selten vor geschlossenen Praxis-Türen wieder. Gegen 9 Uhr schlossen viele Mediziner ihre Geschäftsräume, denn für 10 Uhr hatte die Essener Ärzteschaft zu einer Fortbildung gebeten.
So hatte Walter Hauswald wenig Glück, als er zum lang verabredeten Kardiologen-Termin ging. „Das ist schon eine blöde Situation, weil ich ein paar Wochen auf den Termin beim Facharzt gewartet habe“, sagt der Rentner. Wäre er ein Notfall gewesen, hätte man ihm geholfen. „Aber es geht um eine spezielle Untersuchung. Jetzt muss ich hoffen, dass man mich für einen neuen Termin nicht wieder so lange warten lässt“, sagt der Rentner, „schließlich habe ich Beschwerden.“
"Die Situation ist nicht klar"
Mediziner und Fachpersonal aus rund 120 Essener Arztpraxen waren zu der Fortbildung gegangen. „So klar wie es in der Presse klang ist die Situation gar nicht“, sagt Wollring. Zunächst müsse analysiert werden, wie der Kompromissvorschlag die einzelnen Forderungs-Punkte berücksichtige und was letztlich an Honorarsteigerung übrig bleibe. Immer wieder hatten die Vertreter der Ärzte in den Verhandlungen betont, es habe in den zurückliegenden Jahren zwar Anpassungen der Vergütungssätze gegeben. Doch dies sei aufgezehrt worden durch höhere Tarifabschlüsse für das Personal und die gestiegenen Unterhaltskosten für die Arztpraxen.
Weitere Aktionen planen die Essener Ärzte zunächst nicht. „Es gibt 30 Berufsverbände, die jetzt den Vorschlag der Krankenkassen prüfen werden“, so Wollring. „Bis die Bewertung des Vorschlags vorliegt, werden wir normal weiter arbeiten. Schließlich wollen wir unsere Patienten nicht schädigen.“
In Mecklenburg-Vorpommern bekommt ein Arzt 20 Prozent mehr
Dabei geht es in der Debatte mit den Krankenkassen um weit mehr als die angebotenen rund 3 Prozent. „In Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel bekommt ein Arzt 20 Prozent mehr als in Nordrhein-Westfalen“, so Wollring, „das macht es hier schwierig, Nachfolger für eine Praxis zu finden.“ Darüber hinaus wurden bei der gestrigen Fortbildung weitere Forderungen ins Feld geführt. „Wir fordern die Abschaffung aller Regresse bei veranlassten Leistungen“, so Wollring. Darüber hinaus wollen die Ärzte, dass die Qualität der Arbeit ausschließlich über die medizinische Selbstverwaltung erfolgen solle.