Essen. Das Essener Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster schafft wichtige Grundlagen. Und wer Material zur Stadt-Geschichte braucht, ist auch richtig.
Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster - in Zeiten des verschärften städtischen Sparzwangs hört sich eine solche Einrichtung nach leichter Beute für den Sparkommissar an. Schon der Name mag bei manchem Bilder von Ärmelschonern heraufbeschwören und von Beamten, die viel Zeit haben. Ein Eindruck, den Werner Kullick nicht gelten lässt, und das nicht nur weil er der Amtsleiter ist. Denn das Stadtamt 62 hütet nicht nur einen besonderen Schatz, von dem noch die Rede sein wird; für Kullick ist es auch eines der wichtigsten Querschnittsämter überhaupt: „Bei uns bedienen sich alle, die in Essen raumbezogen arbeiten.“
Verortung der Grundbücher
Wenn die Stadtplaner ein neues Wohngebiet planen - ohne die präzisen Daten der Katasterleute bliebe es Stückwerk. Die Stadtwerke verlegen neue Rohre - ein Blick in die Informationssysteme des Stadtamtes 62 ist unerlässlich. Für die Verortung der Grundbücher ist das Kataster maßgebend, und wo Frischluftschneisen eine Bebauung nicht ratsam erscheinen lassen, wissen die Beamten auch.
Ein Katasteramt schafft Recht, ohne dass kein Wirtschaftshandeln möglich wäre. Werner Kullick ist deshalb so selbstbewusst zu sagen, dass vor 200 Jahren, als der Landvermesser Honigmann für Essen die erste präzise Karte erstellte, die Stadt gewissermaßen neu gegründet wurde. „Es ging um Gerechtigkeit, darum, die Grundsteuerpflicht richtig zu bemessen.“
Womit wir bei den Schätzen wären. Das Amt 62 hat nicht nur ein beeindruckendes Archiv von Stadtkarten, an denen sich Essens Entwicklung der letzten zwei Jahrhunderte wunderbar ablesen lässt, es verfügt auch über Bilder von Befliegungen über der gesamten Stadt, die es seit Anfang des 20. Jahrhunderts in regelmäßigen Abständen gab. Besonders berühmt und in historischen Büchern immer wieder verwendet, ist die Befliegung aus dem Jahre 1926.
Modell der Innenstadt
Sie zeigen eine Großstadt, die uns in ihrer Grundstruktur und in einigen erhaltenen baulichen Details an das heutige Essen erinnert, gleichzeitig sind die Kriegszerstörungen und die Abrisswut der Nachkriegsjahrzehnte noch fern, Zechen und Stahlwerke stehen in voller Blüte. Es ist eine auch sehr andere Stadt also, die zu Vergleichen mit der Gegenwart herausfordert. Diese Zeitung wird in einer losen Reihe Luftbilder aus dem Jahr 1926 zeigen, quer durch Essen Stadtbilder zeigen, die ein Wiedererkennen möglich machen.
Auf Befliegungen mit dem Flugzeug ist das heutige Amt übrigens nicht mehr angewiesen. Satellitenbilder haben den Piloten mit der Kamera abgelöst.
Wer den Raum 401 im Deutschlandhaus betritt, der sieht erst einmal ein großes, mehrere Quadratmeter großes Modell der Innenstadt und der näheren Umgebung, das sich quasi dem Fortschritt anpasst. Immer wenn - wie etwa im Univiertel - neue Gebäude hinzukommen, dann treten die Modellschreiner in Aktion, stellen eine neue Häusergruppe hin oder brechen eine alte Eisenbahnbrücke ab. Auch geplante Bauvorhaben, etwa das neue Hochhaus an der Freiheit, können hier simuliert werden. Schon mancher mit Planungen befasster Politiker, erzählt Amtsleiter Werner Kullick, war froh, sich hier einen etwas augenfälligeren Eindruck von den Folgen einer Entscheidung machen zu können, die er vor der Brust hatte.
Und genau hier gibt es auch die historischen Karten und Fotos zu kaufen, die das Amt vorhält. Wer zum Beispiel wissen will, wie es in seiner Straße vor 84 Jahren ausgesehen hat: Die Luftbilder aus dem Jahr 1926 gibt’s für 8,50 Euro pro Stück, auf Papier oder digital.