Essen. . Zu einem Jahr und acht Monaten Haft verurteilte das Essener Schöffengericht einen 26-Jährigen. Der Bochumer hatte mit Hilfe eines Freundes einen Auffahrunfall inszeniert und wollte dafür die Versicherung kassieren. Das Geschehen war jedoch so auffällig, dass der junge Mann am Ende aufflog.
Straftäter sollten nach der „Arbeit“ auf übermäßigen Jubel in der Öffentlichkeit verzichten. Denn so erleichtern sie der Justiz die Wahrheitsfindung. Keinen Zweifel hatte das Essener Schöffengericht, dass ein 26-jähriger einen Autounfall im Essener Südostviertel fingiert hatte, um die Versicherung zu betrügen. Es verurteilte den Bochumer zu einem Jahr und acht Monaten Haft. Ohne Bewährung.
Der Angeklagte hatte die Tat bestritten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, am 25. Februar 2011 seinen BMW grundlos und abrupt vor einem Zebrastreifen auf der Steeler Straße in der Nähe des Wasserturms abgebremst zu haben. Ein Komplize sei dann bewusst mit einem 19 Jahre alten Renault Clio aufgefahren. Rund 3000 Euro wollte der 26-Jährige für die Reparatur von der Versicherung bekommen. Diese weigert sich bis heute, das Geld zu zahlen.
Grundlos gebremst
Daran wird sich nach dem Prozess nur wenig ändern. Es gab einige Indizien, die früh an einem echten Unfall zweifeln ließen. So war der Clio erst zwei Tage zuvor für 250 Euro gekauft und lediglich mit einem Kurzzeitkennzeichen versehen worden. Und es gab zwei Passantinnen, die beide sicher waren, dass kein Fußgänger in der Nähe stand, der BMW-Fahrer also nicht bremsen musste.
Angeklagt wegen versuchten Betruges und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr leistete sich der Angeklagte am Dienstag noch selbst einen Fehler. Hatte er bislang immer behauptet, wegen eines Fußgängers gebremst zu haben, änderte er seine Aussage vor Gericht. Jetzt will er gestoppt haben, um die Vorfahrt aus einer anderen Straße zu beachten. Richter Niklas Nowatius: „Offenbar weiß er selbst nicht, warum er bremste.“ Gewundert hatte das Gericht auch, wie ein arbeits- und vermögensloser 26-Jähriger den Unterhalt für einen BMW bestreiten kann.
Nach Auffahrunfall abgeklatscht
Den Ausschlag für das Urteil gaben dann aber die Szenen, die die Passantinnen beobachtet hatten. Eine 30 Jahre alte Verkäuferin hatte vor dem Unfall eine Gruppe von vier bis fünf Männern auf der anderen Seite der Straße gesehen. Sie hätten sehr vertraut miteinander gewirkt. Dann seien zwei in die Autos gestiegen und losgefahren. Ohne jeden Grund sei der BMW abgebremst worden. Anschließend, so eine andere Zeugin, hätte die Männergruppe sich aus Freude gegenseitig abgeklatscht.
Wie gefährlich die Tat des bislang nicht vorbestraften Angeklagten war, machte Richter Nowatius daran deutlich, dass dieser eine schwangere Beifahrerin dabei hatte. „Unfassbar“, sagte Nowatius. Die Frau erlitt später eine Fehlgeburt. Ob der Unfall schuld war, lässt sich nicht sagen.