Essen.

Mit einem ironischen „Danke schön“ quittierte der Angeklagte sein Urteil. Als „eigentlich netten Kerl“ hatte der 22-jährige Essener Omar H. sich im Prozess bezeichnet. Aber die XVI. Strafkammer des Essener Landgerichtes stellte die fünf Raubüberfälle in den Vordergrund und schickte ihn für zehneinhalb Jahre ins Gefängnis.

Auf den „netten Kerl“ ging Richter Martin Hahnemann im Urteil ein und bescheinigte dem Angeklagten zwei Gesichter: „Dass Sie in der Haft und in der Familie beliebt sind, mag ja sein. Dann sind Sie dort Dr. Jekyll und überall anders Mr. Hyde.“ Mit drei Komplizen hatte der 22-Jährige laut Urteil Anfang des Jahres nachts Überfälle auf Geschäftsleute in Essen verübt. Maskiert und bewaffnet mit Teleskopschläger, Messer und Gaspistole lauerten sie den Opfern vor deren Häusern auf, bedrohten sie und erbeuteten Bargeld oder Schmuck.

Pistole an den Kopf

Durch die letzte Tat flogen sie auf, weil sie die geraubte EC-Karte ihres Opfers eingesetzt hatten und von einer aufmerksamen Verkäuferin der Polizei gemeldet worden waren. Einen Tag zuvor hatten sie eine 68-Jährige beobachtet, die nachts eine Bredeneyer Gaststätte verließ und nach Hause fuhr. Vor ihrer Haustüre hielten sie ihr die Pistole an den Kopf, zwangen sie, ihnen drinnen den Tresor zu öffnen. Vorher rissen sie ihr Armband und Ringe von der Hand, klauten die EC-Karte. „Es war ein Alptraum“, schilderte die Frau den Überfall. Noch heute hat sie Angst, das Haus zu verlassen.

An diese Folgen der Taten erinnerte Richter Hahnemann im Urteil, um „die ganz, ganz hohe kriminelle Energie“ des Angeklagten zu beschreiben: „Wenn man Sie nicht einen schweren Straftäter nennen darf, wen sonst?“ Omar H. hatte im Prozess zwar eine gewisse Nähe zu den Komplizen und Taten gestanden, will aber meistens nur unwissender Fahrer gewesen sein. „Wir haben Ihnen nicht ein Wort geglaubt“, sagte Hahnemann zusammenfassend. Gar nicht nachvollziehbar fand das Gericht die Aussage von Omar H., Bilder im Internet von verletzten Landsleuten in seiner Heimat Syrien hätten ihn zu den Taten veranlasst.

Aus dem Saal gedrängt

Nach dem Urteil meinte die Mutter des Angeklagten, im Saal laut wehklagen zu müssen. Ein männlicher Verwandter ging unbeirrt auf die Richterbank zu, obwohl er den Saal verlassen sollte. Justizwachtmeister, aber auch weitere Verwandte, drängten beide aus dem Saal.

Als Omar H. sein Urteil bekam, verhandelte Jugendschöffenrichter Axel Magnus zeitgleich am Amtsgericht gegen zwei der jüngeren Komplizen. Sein Gericht ist nicht an den Strafrahmen für Erwachsene gebunden, das für jeden einzelnen schweren Raub mindestens fünf Jahre Haft vorsieht. Vor allem der Erziehungsgedanke steht im Vordergrund. Ein vierter Komplize ist flüchtig