Essen/Gelsenkirchen. . Ursprünglich hatte die Anklage von 111 Fällen gesprochen. Konkret erinnerte das heute 15 Jahre alte Opfer an sieben Fälle. Detailliert konnte sie schildern, wie sie von ihrem Vater missbraucht worden war. Der 63-jährige Gelsenkirchener muss dafür vier Jahre in Haft. „Ich habe nichts getan“, sagte er in seinem Schlusswort.

„Ich habe nichts getan“, behauptete der 63 Jahre alte Angeklagte Gelsenkirchener. Doch die V. Essener Strafkammer glaubte ihm kein Wort. Wegen zum Teil schweren sexuellen Missbrauchs seiner zu Beginn der Taten vier Jahre alten Tochter in Essen verurteilte sie ihn zu vier Jahren Gefängnis.

Laut Anklage hatte es damit angefangen, dass der frühere Essener die kleine Tochter am PC neben sich setzte und gemeinsam mit ihr pornografische Filme schaute. Später steigerte er laut Urteil die Intensivität, berührte das Kind regelmäßig unsittlich. Ursprünglich hatte die Anklage von 111 Fällen gesprochen. Konkret erinnerte die heute 15 Jahre alte Zeugin sich an sieben Fälle, die sie detailliert schildern konnte. Für diese Delikte verurteilte das Gericht ihren Vater.

Taten hörten auf, als die Tochter 13 Jahre war

Als die Tochter 13 Jahre alt war, hörten die Taten auf. Erst zwei Jahre später offenbarte sie sich in einem Gespräch mit ihrer älteren Schwester, mit der gemeinsam sie im April 2011 zur Polizei ging. Zuvor hatten sie noch die Mutter informiert, die ihren Ehemann aus der Wohnung warf.

Er verließ Deutschland, hielt sich zunächst in Rotterdam auf und nahm eine Fähre nach London. Ohne englische Sprachkenntnisse kam er nicht zurecht, lebte im Hyde Park und wurde überfallen. Streetworker sorgten dafür, dass er nach Deutschland zurückkehrte. Dort lebte er in der Nähe der ehelichen Wohnung im Essener Stadtteil Schonnebeck zwei Monate lang in einem Zelt. Zum Essen ging er zu seiner Frau, die Kinder durften davon allerdings nichts wissen.

Lüge der Zeugin sei ausgeschlossen

Staatsanwältin Katharina Küpper hatte nach zwei Prozesstagen vier Jahre und zehn Monate Haft beantragt. Verteidiger Andreas Wieser forderte dagegen Freispruch. Das Gericht müsse im Zweifel für den Angeklagten entscheiden, weil ein Urteil sich nicht nur auf die Aussage der Tochter stützen dürfe. Vergeblich forderte er ein Glaubwürdigkeitsgutachten zu dieser Aussage.

Richterin Luise Nünning machte in der Urteilsbegründung klar, dass die Kammer dafür keine Notwendigkeit sieht. Eine bewusste Lüge der Zeugin sei ausgeschlossen, ebenso eine unbewusste Falschaussage durch Einflussnahme anderer Menschen. In der Verhandlung habe die Kammer vielmehr eine Zeugin erlebt, die detailreich geschildert hätte, was ihr passiert sei. Sie habe auch eher von Sexualdelikten erzählt, die nicht so schwerwiegend sind wie andere denkbare Praktiken. Eine Belastungstendenz liege also auch nicht vor, sagte Nünning.

Kein Haftbefehl

Als Indiz zur Unterstützung der Aussage des Mädchens stufte die Kammer die Flucht des Angeklagten ein: „Sein Verhalten spricht für sich: Er ist geflohen.“ Strafmilderung hatte der lediglich geringfügig wegen anderer Delikte vorbestrafte Mann nicht zu erwarten. Für einen minder schweren Fall des Missbrauchs spricht nach Ansicht der Kammer nichts. Ein Haftbefehl blieb ihm erspart. Als vorerst freier Mann durfte er das Landgericht verlassen.