Essen. . Bei der Stadtentwicklung gibt man dem Hafen-Projekt kaum eine Chance. Zu hoch sind die Kosten, zu risikobehaftet die Investition am Rhein-Herne-Kanal. Bis Ende des Jahres soll eine Entscheidung getroffen werden. Der vom Gesellschafter kolportierte Termin für den Baugebinn ist längst verstrichen.
Wohnen mitten in der Stadt und doch am Wasser – das wäre für viele Alltags-Idylle pur. Projekte wie der „Seebogen“ in Kupferdreh und die „Seepromenade“ in Kettwig, die Bauten an der künstlichen Wasserspange im Univiertel oder am Niederfeldsee in Altendorf erleben denn auch einen wahren Ansturm interessierter Haus- und Wohnungskäufer. Und so ähnlich, wenn auch vielleicht mit etwas rauerem Charme, hatte mancher sich das mit der „Marina Essen“ vorgestellt, jenem sieben Hektar großen Hafenquartier am Rhein-Herne-Kanal, dessen bunte Computerbildchen seit geraumer Zeit durch die Gazetten schippern.
Doch auch im verflixten siebten Jahr kommt das Projekt am Fuße der Altenessener Schurenbachhalde irgendwie nicht vom Steg. Das liegt weniger denn je an der komplizierten Suche nach Fördergebern für das sündhaft teure Hafenbecken, für Grachtenhäuser und Hotel, Einkaufszentrum, Büros und Hafengastronomie.
Es liegt auch nicht daran, dass die Stadt noch am Bebauungsplan würde feilen müssen, denn der ist – wie man nur hinter vorgehaltener Hand erfährt – im Grundsatz schon seit Monaten fertig.
Investionen von gut zehn Millionen Euro notwendig
Nein, es ist nur so, dass es nach all den aufwändigen Vorarbeiten, nach zahllosen Absichtsbekundungen und wohlfeilen Standortbeteuerungen nun zum Schwur kommen müsste: Der Politik kann der B-Plan nur dann zum so genannten Satzungsbeschluss vorgesetzt werden, wenn parallel dazu in einem städtebaulichen Vertrag geklärt ist, wer die nötigen Investitionen berappt. Die belaufen sich nach groben Schätzungen auf gut zehn Millionen Euro für den Bau des Hafenbeckens und die Erschließung, die Verlegung der örtlichen Fernwärmeleitung etcetera.
In den vergangenen Jahren gab es nach NRZ-Informationen keinen einzigen Bebauungsplan, der so teure Vorleistungen bescherte. Bringen die Verantwortlichen der „Marina Essen GmbH“ Mumm und Moneten auf, um in einer bislang nicht als sonderlich hochpreisig bekannten Ecke des Essener Nordens so weit in Vorleistung zu gehen? Bei der Ingenieurberatungsgesellschaft Asmus + Prabucki, die der Marina-GmbH in ihrer Firmenzentrale an der Wittenbergstraße 12 einen Briefkasten zur Verfügung stellt, verweist man an Mitgesellschafter Falko Derwald, Chef des gleichnamigen Dortmunder Projektentwicklers. Von dem gab es stets allerlei optimistische Einschätzungen, aber noch keine feste Investitionszusage – und Ende der Woche auf die Schnelle auch keinen Kommentar.
Baubeginn war für 2010 geplant
Stattdessen legt die Internetseite www.marina-essen.de beredtes Zeugnis ab, dass das 70 Millionen-Euro-Projekt von dem es stets hieß, man könne es nicht in Schritten entwickeln, sondern wenn, dann in einem Rutsch, dass also dieses Vorhaben lange schon Spinnweben ansetzt: „Baubeginn Mitte / Ende 2010“, heißt es da in entwaffnender Offenheit.
Kein Wunder, dass die örtliche Politik dem anhaltenden Stillstand am Kanal mit wachsender Ungeduld begegnet: „mehr Wind in die Segel“ des Vorhabens fordert etwa die Altenessener CDU, die nach positiven Schlagzeilen in der Stadtentwicklung lechzt. Andere denken schon an Plan B: Man müsse, so Bezirksvertreter Dieter Stodiek in der letzten Sitzung des städtischen Planungsausschusses, „sich sonst was anderes einfallen lassen“.
Mit öffentlichen Kommentierungen solcher Einwürfe hält man sich bei der Planungsverwaltung im Deutschlandhaus zurück, insgeheim aber gibt man dem Projekt dort kaum eine Chance: „Das kommt zehn Jahre zu früh.“ Sollte der künstliche Aufschub des Projekts bis Dezember keine Investoren bringen, dann wird man das Vorhaben, wie es augenzwinkernd heißt, neben die anderen „lebendigen Leichen“ der städtischen Bebauungsplanung versenken – das Hochhaus Kruppstraße etwa.
Den Plan auf kleiner Flamme weiter köcheln zu lassen halten Fachleute für falsch: „Sonst verbrennt man den Standort auf Jahre hinaus.“