Essen..

Dietmar Düdden, Chef der Essener Wirtschaftsförderung, spricht im Interview über falsche Entwicklungen, das Selbstbild der Stadt und den Flächenbedarf für Gewerbe.

Vor neun Monaten folgte Dietmar Düdden dem langjährigen Chef der Essener Wirtschaftsförderung (EWG) Georg Arens nach. Auf der Immobilienmesse Expo Real in München war Düdden, der für einen Masterplan Essen.2030 wirbt, nun erstmals Repräsentant der EWG. Ein Gespräch.

Sie werben für den Masterplan Essen.2030. Wie sieht der aus und wohin soll er die Stadt führen?

Dietmar Düdden: Die Stadt Essen ist nach meiner Wahrnehmung sehr viel attraktiver als sie sich verkauft. Ich kenne die Stadt von früher, und als ich zurückkam, habe ich festgestellt, dass sich in den letzten Jahren viel zum Positiven verändert und entwickelt hat. Nur wird das in der Außenwahrnehmung nicht gesehen.

An welchem Punkt wurde für sie deutlich, dass die Stadt mehr Bewegung und eine Vision braucht?

Für mich steht fest, dass eine Stadt, die sich für die Zukunft positionieren will, wissen sollte, was sie ist und wo sie sein will. Das gilt auch für die Diskussion im politischen Tagesgeschäft, die häufig von der Wählerabhängigkeit getrieben ist. So kann es keine visionären Ideen geben und man verliert sich im Kleinklein. Ich strebe einen parteiübergreifenden Dialog an, der sich nicht mit dem Heute oder Morgen beschäftigt, sondern mit dem Übermorgen. Weg vom vergleichenden Benchmark innerhalb des Ruhrgebiets. Die politischen Träger der Stadt müssen zeigen, wohin sie diese führen wollen.

Zu konkreten Projekten: Das 17 Hektar große M1-Gelände ist vermarktet. Nun geht es um das drei mal so große M3-Gelände, das ebenfalls im Besitz von Thyssen-Krupp ist. Das ist sehr viel Fläche für Neuansiedlungen und neue Arbeitsplätze.

In der Tat war die Arbeit im Immobilienbereich sehr erfolgreich. Einer meiner Schwerpunkte wird sein, dies fortzuführen. Dafür bietet das M3-Gelände tolle Möglichkeiten, denn ansonsten sind in der Gewerbeflächen nahezu ausverkauft. Meiner Ansicht nach müssen wir trotz der Restriktionen des regionalen Flächennutzungsplans schauen, wo es weitere attraktive Flächen gibt, die gewerblich oder im Verbund von Gewerbe und Wohnen genutzt werden können.

An welche Standorte denken Sie genau?

Wenn ich die gewerbliche Situation auf der Huyssenallee betrachte, tut es mir im Herzen weh. Dort ist durch ein nicht mehr marktgerechtes Angebot die Situation so, dass sich schon Matratzendiscounter ansiedeln, was für diesen Ort nicht adäquat ist. Ich habe mir vorgenommen, mit den Eigentümern Kontakt aufzunehmen um zu gucken, was man perspektivisch aus dem Standort machen kann.

An vielen Stellen im Stadtgebiet verhindert geltendes Planungsrecht neue Entwicklungen.

Da setze ich auf Veränderungen. Gute Beispiele gibt es doch. Denken Sie an das Niederfeldsee-Projekt des Allbau, an die Nord-City und die Rottstraße. Im Univiertel kann man sehen, wie eine Anschubfinanzierung der Stadt den Investoren ein Qualitätsniveau vorgegeben hat, und diese passen sich nun der Erwartungshaltung an und bauen Qualität, die dem Raum entspricht. Wir müssen attraktive Plätze schaffen, um die herum sich dann Neues entwickelt. Das kostet Geld, ist aber als Impuls wichtig. Bei der Wirtschaftsförderung haben wir den Bereich Standortentwicklung gegründet, um solche Entwicklungen zu unterstützen.

Was hat es mit dem Unternehmensservice bei der EMG auf sich?

Der Unternehmensservice ist die Speerspitze unserer Kommunikation mit der Essener Wirtschaft, wenn Sie so wollen unser „Vertrieb“. Darauf hat die EWG auch in den vergangenen Jahren schon gesetzt, allerdings nicht so intensiv, wie ich mir das vorstelle. Wir wollen künftig stärker die Position der Industrie- und Mittelstandsinteressen vertreten. Gerade das Ruhrgebiet sollte sich zu seiner Industrie bekennen. Es ist ja nicht mehr so, dass wir hier eine reine Grundstoffindustrie haben, die belastend für das Umfeld ist, sondern eine „New Industry“, die zum Beispiel als Hightechnpartner für die Automobilindustrie fungiert. Dieser industrielle Sektor muss uns unbedingt erhalten bleiben.