Essen.

Im zweiten Anlauf hat die Jury für den Bau des neuen Schwimmbades auf dem Thurmfeld einen Sieger gekürt: Der erste Platz geht an die GSF-Planungsgesellschaft für Sport- und Freizeitbauten mbH aus Hamm. Noch in diesem Monat soll der Rat der Stadt den Baubeschluss fassen. So weit, so gut.

Dass die Jurymitglieder aus Politik und Essener Sportbund (Espo) ihr Votum gestern per gemeinsamer Presseerklärung rechtfertigten, ist für einen Architektenwettbewerb allerdings ungewöhnlich. Von einem „architektonisch ansprechendem Hallenbad“ ist darin die Rede. Und davon, dass es kein Makel sei, dass die Entscheidung nicht einstimmig gefallen ist.

Bochumer Architekt hatte das Nachsehen

Tatsächlich fiel die Abstimmung weniger deutlich aus, als es das Ergebnis zu Gunsten des Entwurfes der GSF vermuten lässt. 9 : 5 hieß es am Ende, und dies auch, weil sich Baudezernentin Simone Raskob und Planungsdezernent Hans-Jürgen Best dem Vernehmen nach der Stimme enthielten.

Das Nachsehen hatte der konkurrierende Entwurf des Bochumer Architekten Ralph Röwekamp. Während Sportdezernent Andreas Bomheuer und die versammelten Sportpolitiker für den Entwurf der GSF aus Hamm votierten, hielten die Vertreter der Architektenzunft mit Kritik nicht hinterm Berg.

Kasper Kraemer, ehemals Präsident des Bundes Deutscher Architekten (BDA) und Vorsitzender der Jury, legte gestern im Gespräch mit dieser Zeitung nach: Aus dem zum Sieger gekürten Entwurf spreche eine Architektursprache wie sie in den 50er Jahren in Ungarn oder in der DDR aktuell gewesen sei.

Abgerechnet wird am Schluss

„Man fühlt sich in seiner Fachkompetenz vorgeführt“, so der international renommierte Architekt, der ein solches Verfahren nach eigenen Worten in seiner langjährigen Laufbahn noch nicht erlebt hat. „Da wird eine Arbeit prämiert, hinter der man als Experte nicht stehen kann.“ Kraemer wirft deshalb die Frage auf, warum die Stadt beim Wettbewerb überhaupt Fachkompetenz hinzugezogen habe. Starker Tobak, das.

War vor der Jury-Sitzung zwischen Schwimmsport und Politik bereits alles ausgekaspert? Für einen Kompromiss sah letztere offenbar keinen Spielraum mehr. Vielmehr wurde aus Jury-Kreisen schon nach der ersten Runde Anfang Juli beklagt, dass sich die städtischen Beigeordneten nicht auch hinter jenen Entwurf stellten, den eine Mehrheit offenbar schon damals favorisierte. Zur Reaktion des Ex-BDA-Vorsitzenden heißt es lapidar: gekränkte Eitelkeit.

"Höchste funktionale Qualität"

Für den prämierten Gestaltungsvorschlag sprächen „die höchste funktionale Qualität“ wie auch die Energiebilanz, heißt es. Dass die GSF die Kosten im zweiten Anlauf um etwa 300 000 Euro hatte drücken können und damit ebenfalls im gesteckten Kostenrahmen von 9,7 Millionen Euro liegt, brachte bei der Entscheidungsfindung sicher keine Minuspunkte. Aber wohlgemerkt: Es handelt sich um einen Planungsentwurf. Abgerechnet wird am Schluss.

Bevor die Öffentlichkeit sich ein eigenes Bild vom kommenden Hauptbad-Ersatz machen kann, will Andreas Bomheuer den Entwurf den Fachausschüssen des Stadtrates vorlegen. Bomheuer verweist aufs Wettbewerbsrecht. Im Gespräch mit dem Beigeordneten klingt aber auch durch, dass er noch keinen Haken hinter das Verfahren setzen will, bis der Rat voraussichtlich am 26. September den Baubeschluss gefasst hat.

Erste Arbeiten noch in diesem Jahr

Die ersten Arbeiten auf dem Thurmfeld will die Bäderverwaltung noch in diesem Jahr angehen, trotz des Zeitverzuges von nunmehr zwei Monaten. Möglicherweise bestehe Aussicht auf Fördergelder für die Beseitigung von Altlasten. Eröffnen soll das Bad 2015.

Apropos Altlasten: Die Misstöne um die Jury-Entscheidung sollen das Verhältnis zur Architektenzunft nicht nachhaltig belasten. Kaspar Kraemer habe angeboten, eine Expertise zum endgültigen Entwurf für den Neubau abzugeben. „Das Angebot“, so Bomheuer, „habe ich gerne angenommen.“