Essen. Beim Ideenpark von Thyssen-Krupp in der Messe ist auch die WAZ mit einer „Gläsernen Redaktion“ präsent und stellt sich den Fragen aller Besucher.

Mehr Dialog mit dem Leser, mit dem Bürger überhaupt - das gehört zu den Prinzipien, denen sich die WAZ mehr denn je verpflichtet weiß. Und wie gern dieses Angebot angenommen wird, lässt sich derzeit beim Ideenpark von Thyssen-Krupp in der Messe Essen besichtigen. Die WAZ ist dort täglich ab 10 Uhr in der „Gläsernen Redaktion“ präsent, in der ein so genannter „Newsdesk“ Arbeiten fast wie in der Zentralredaktion erlaubt. Nahezu täglich stellt sich Chefredakteur Ulrich Reitz zudem den Fragen und der Kritik der Leser.

Ein Evergreen: die Fehlerquote im Blatt. „Warum ist sie immer noch so hoch?“ fragt ein Besucher. „Wir haben natürlich ein Rechtschreibprogramm“, sagt Reitz, „aber Zeitung ist ein schnelles Geschäft“. Oft werden Artikel im Laufe eines Abends mit neuen Informationen ergänzt und überarbeitet, und je mehr Leute Texte „anfassen“, desto höher sei dann das Risiko von Fehlern.

Jeder Fehler ist einer zuviel

„Glauben Sie mir, derjenige, der sich am meisten über Fehler ärgert, ist morgens der Redakteur“, beteuert Reitz. Andererseits: „Wir werden immer ein bisschen besser.“ Jeder Fehler ist einer zuviel, aber es seien dennoch weniger im Blatt als noch vor Jahren.

Ein zweites großes Thema ist die Layout-Reform, das neue Gesicht der WAZ. Warum muss das eigentlich sein? „Eine Zeitung muss sich von Zeit zu Zeit verändern“, betont Reitz. Hierin ähnele sie allen anderen Produkten.

„Ein Mercedes sieht schließlich auch anders aus als das Vorgängermodell“, und selbst wertvolle internationale Marken wie Nivea oder Coca Cola bekämen, wenn auch behutsam, gelegentlich ein neues Design verpasst. Obwohl die neue WAZ von Lesern viel Lob erntet, war das Zeitungsbild für manchen anfangs etwas gewöhnungsbedürftig.

Intensive Leserforschung

„Geben Sie uns drei Monate Zeit“, bittet Reitz und verweist darauf, es gehe nicht um „Geschmäcklerisches“, sondern darum, den Lesern den Zugang zur Zeitung und ihren Inhalten so einfach wie möglich zu machen. Deshalb wurde auch nicht aus dem Bauch heraus verändert, sondern erst nach intensiver Leserforschung. „Die neuen Schriftarten und -größen erleichtern Ihnen das Lesen“, betont der WAZ-Chefredakteur im Gespräch.

Wie das Foto in die Zeitung kommt 

Aber die WAZ hat nicht nur ihre Optik reformiert, sondern auch mehr Ordnung im Blatt geschaffen: Überregionales, Lokales, Sport und Unterhaltung/Lebenshilfe sind jetzt in vier so genannten „Büchern“ übersichtlich sortiert. „Wir bekommen viel Lob für das neue Ressort ,Leben’“, berichtet Frank Preuß, Ressortleiter Rhein-Ruhr. „Die Gäste kommen mit gezielten Fragen und sind ernsthaft interessiert, es macht ehrlich Spaß, hier in der Gläsernen Redaktion zu sein.“

Redakteure sitzen an Bildschirmen und erklären, wie das Foto später in die Zeitung kommt. Wie Journalisten den Eingang der Nachrichten beobachten und warum unterschiedliche Titelseiten entstehen können bei späten Ereignissen. Der Druck kann angehalten werden, etwa um das Ergebnis eines Champions-League-Spiel noch hineinzunehmen.

"Kommentare verständlicher schreiben"

Journalismus hat auch viel mit Wegschmeißen zu tun. „Ein Politik-Ressortleiter erhält täglich 40 Zentimeter gestapeltes Nachrichtenmaterial“, berichtet Ulrich Reitz. „Davon drucken können wir höchstens drei. Und da fängt die journalistische Arbeit erst an.“ Ein Leser lobt die interessante „Frage der Woche“, überhaupt die gesamte Leserbrief-Seite, und eine Leserin ermahnt: „Manche Kommentare sollten noch verständlicher geschrieben werden.“

Ulrich Reitz erklärt, wie wichtig der Sport sei, das Lokale und die kuriosen Geschichten aus der Welt, „und erst dann geht es um die große Politik oder den Euro“. Deshalb sei auch der Lokalteil ausgebaut worden, die tägliche „Bürgerseite“ auf der zweiten Lokalseite. „Zeitung“, meint Reitz, „ist organisierte Überraschung: Eigentlich wollen Sie was über Merkel lesen, aber Sie bleiben auf der Bürgerseite hängen.“