Essen. . Die meisten Leser, denen die WAZ und die Grundstücksverwaltung Essen (GVE) wenige Tage vor der offiziellen Eröffnung die Pforten ins neue Stadion öffneten, sind Fans von Rot-Weiss Essen, einige seit Jahrzehnten. Ihr erster Eindruck: „Das Stadion macht schon etwas her. Ja, es hat Atmosphäre.“
Die Hitze hat im neuen Stadion an der Hafenstraße ihr erstes Opfer gefunden: den Rasen. Der sollte eigentlich bis zum im niederländischen Heythuysen frisch geschnitten werden, um ihn gut eine Stunde später in Bergeborbeck auszurollen. Weil aber zu befürchten stand, dass die brennende Sonne das Grün verbrutzelt, dürfen die Halme noch etwas länger wachsen. Die 18 Sattelzüge machen sich nun voraussichtlich am Montag auf den Weg.
So blickt die Besuchergruppe von der Tribüne auf ein braunes Karree. Wassersprenger sollen verhindern, dass der frische Wind zu viel Staub aufwirbelt. Tore, Eckfahnen und was sonst noch zu einem Fußballfeld dazu gehört, müssen sich die Gäste vor dem geistigen Auge noch vorstellen. Und auch sonst wird an allen Ecken noch geschraubt, gebohrt und gewerkelt.
15 000 Quadratmeter großes Dach
Was die Gäste schon jetzt zu sehen bekommen gefällt: „Das Stadion macht schon etwas her. Ja, es hat Atmosphäre“, sagt Thomas Hamann und blickt hinüber zum Georg-Melches-Stadion.
„Den Anblick kann ich Ihnen als Rot-Weiss-Fans nicht ersparen“, frotzelte Markus Kunze von der städtischen Grundstücksverwaltung Essen (GVE), als er die WAZ-Leser an der alten Haupttribüne vorbei ins neue Stadion führte. Und in der Tat: Erst diese Perspektive offenbart, wie runtergekommen das altehrwürdige Rot-Weiss-Stadion längst ist. Im Herbst wird auch die alte Haupttribüne abgerissen, die Denkmalpfleger beim Rheinischen Amt haben den Daumen gesenkt.
Die meisten Leser, denen die WAZ und die GVE wenige Tage vor der offiziellen Eröffnung die Pforten ins neue Stadion öffneten, sind Fans von Rot-Weiss Essen, einige seit Jahrzehnten. Und jeder kann seine ganz persönliche Geschichte erzählen, über das erstes Spiel, über die schönsten Erfolge und die schmerzhafteste Niederlage. Und doch richten alle den Blick nach vorn. „Das Stadion ist eine riesige Chance für den Verein“, sagt Andreas Mock und gesteht: „Ich habe erst daran geglaubt, als ich den ersten Bagger gesehen habe.“
Alles neu im neuen Stadion
Die Bagger haben die Schwerarbeit hinter sich, und doch geht das, was Bauarbeiter und Handwerker noch bis zum 12. August vor sich haben, über das, was man Feinschliff nennt, weit hinaus. „Das Stadion wird zur Eröffnung abgenommen und bespielbar sein“, verspricht Markus Kunze. Was nicht bedeute, dass nicht hier und dort noch gearbeitet werde. Auch die Genehmigung für die rund 15 000 Quadratmeter große Dachkonstruktion durch das Landesbauministerium werde rechtzeitig vorliegen, ist Barbara Röhrig, Aufsichtsrat der GVE überzeugt. Denn diese steht zwei Wochen vor der Einweihung noch aus.
Immerhin: Die Umkleidekabine der Heim-Elf im Untergeschoss ist schon eingerichtet. Andreas Mock schießt ein paar Fotos mit der Handy-Kamera. „Ein großer Moment.“ Auch wenn sich hier noch kein Kicker umgezogen hat. In den VIP-Logen fehlt noch das Mobiliar. Fünf von neun Logen soll RWE schon vermarktet haben - für 40 000 Euro pro Saison und das gleich für vier Spielzeiten. Der Viertligist hat offenbar potente Fans und Förderer. „Dann gehen wir mal davon aus, dass die vierte Liga bald der Vergangenheit angehört“, hofft Wolfgang Eckerle.
Das neue Stadion wäre für Höheres gerüstet und erfüllt entsprechende Standards. Es gibt eigene Räume für Balljungen, für Doping-Kontrollen und 136 Plätze für Medienvertreter. Die meisten Besucher dürften sich damit zufrieden geben, dass die Zahl der Toiletten verdreifacht wurde.
Was fehlt, ließe sich leicht nachrüsten, heißt es. Eine Anzeigentafel zum Beispiel. Die sei für die vierte Liga nicht vorgeschrieben, betont Markus Kunze. 180 000 Euro habe die GVE dadurch sparen können. Der Spielstand wird auf einem LED-Laufband angezeigt. Die Leuchtkraft der 94 Scheinwerfer unter den Stadiondächern genügt, sollte der WDR Bilder übertragen. Für die HD-Technik des Bezahlfernsehens reichen 900 Lux nicht aus. Soviel brachten auch die Flutlichtmasten des Georg-Melches-Stadion. Ein Mast bleibt stehen, als Landmarke, Erinnerungsstück und zur Befestigung von Mobilfunkantennen. Reminiszenzen an das RWE-Stadion werden Fans sonst vergeblich suchen. „Es ist ja kein Rot-Weiss-Stadion, sondern eins für Essen. Daran muss ich mich erst gewöhnen“, gesteht Norbert Krausenbaum. Eines mag in trösten: Die Bratwurst im Stadion bleibt die alte.