Essen. . Ulrich Schwinn (68) stellte in der Innenstadt einen Straßenräuber (16). Mit seinem Fahrrad verfolgte er den Jugendlichen. Die Polizei lobt seine Zivilcourage. Er wehrt ab: Das war doch Bürgerpflicht
Für die Polizei ist Ulrich Schwinn (68) ein Vorbild für Zivilcourage. Er hat nach einem Überfall in der Innenstadt den 16-jährigen Straßenräuber gestellt und die Polizei alarmiert. Ulrich Schwinn selbst findet, das sei doch eigentlich nichts Besonderes gewesen. War es doch: Er hat hingeschaut und eingegriffen, wo viele andere weggeschaut haben.
Ulrich Schwinn und seine Frau hatten sich am Donnerstag, 21. Juni, nachmittags die Leckereien der Gourmetmeile in der Innenstadt schmecken lassen und sich dann auf ihre Räder geschwungen, um Richtung Frintrop zu radeln. In Höhe des Parkhauses Rottstraße hören sie plötzlich Rufe „Haltet den Dieb!“. Ein Jugendlicher rennt weg, ein 69-Jähriger ruft hinter ihm her. Ulrich Schwinn sagt zu seiner Frau: „Pass auf, den kriege ich!“ und tritt in die Pedale.
„Meine Frau hat später auch gesagt: absolut filmreif“
Die Verfolgung dauert nicht lange. An der Friedrich-Ebert-Straße lehnt sich der Jugendliche erschöpft gegen eine Hauswand und sagt: „Okay, ich mach’ nichts mehr.“ Schwinn stellt sein Fahrrad zwischen sich und den Täter. Da kommt auch schon ein Streifenwagen mit Blaulicht angeschossen. Schwinn: „Ich habe noch gedacht: Das kann doch gar nicht sein, dass die schon da sind!“ Wie sich später herausstellt, waren die Polizisten auf dem Weg zu einem anderen Einsatz, als sie durch Schwinns Winken aufmerksam werden.
Was dann kommt, „war wie im Film“, sagt Schwinn. „Meine Frau hat später auch gesagt: absolut filmreif.“ Der Streifenwagen wendet mit kreischenden Rädern. die Beamten springen heraus und sprinten heran. Schwinn kommt nur noch zu einer Kurzversion seiner geplanten Strafpredigt. „Ich habe ihn gefragt: Was fällt dir eigentlich ein, alte Leute zu beklauen? Da sagt er: Ich brauch das Geld.“
Ohne Eingreifen hätte Dieb fette Beute gemacht
Ohne Schwinns Eingreifen hätte der 16-Jährige in der Tat fette Beute gemacht. Hauptkommissar Georg Surmann von der Ermittlungsgruppe Jugend der Polizei: „In der Tasche waren Bargeld, Kreditkarte, Schlüssel und Pass.“ Inzwischen ist auch klar, wofür der Räuber das Geld gebraucht hätte: Der 16-Jährige ist drogensüchtig und steht vor dem Sprung ins Intensivtäter-Programm der Ermittlungsgruppe Jugend.
Hauptkommissar Surmann hat dem mutigen Helfer Schwinn inzwischen ein wenig von der Vorgeschichte der Tat erzählt: Der 16-Jährige hat den Halt verloren, als der Vater ihn aus dem Haus geworfen hat. Inzwischen ist er in einem Jugendheim untergebracht. Allerdings: In der Bauchtasche, die die Polizisten dem Jugendlichen bei der Festnahme abnahmen, fanden sie Pfefferspray und einen eisernen Absperrhahn, der häufig als Schlagring benutzt wird.
Das hätte aber gefährlich werden können, wenn der 16-Jährige diese Waffen eingesetzt hätte, oder? „Och nee“, sagt Ulrich Schwinn. „Da ist ganz schnell ein arabischer Autohändler dazu gekommen. Der hätte mir geholfen.“