Essen. . Ohne großen Bahnhof schauten am Samstag die Fußballlegenden Hans Tilkowski und Sir Geoff Hurst in Frintrop vorbei. Nur beim Wembley-Tor 1966 und der Debatte um technische Hilfsmittel sind die Kicker-Legenden nicht einer Meinung.

Wie ein kleiner staunender Junge wirkt Ingo Kuhnke am Samstagvormittag wahrlich nicht, aber ihm ist die Freude, aber auch die Anspannung anzumerken. Und zwar darüber, dass ein untrennbares Duo weltweit bekannter Kicker-Legenden in seiner Frintroper Versicherungsagentur sein Gast ist: der Deutsche Hans Tilkowski (76) und der Engländer Sir Geoff Hurst (70). Aber wie kam es dazu?

Im Februar 2011 feierte Kuhnke das 25-jährige Bestehen seines Büros an der Unterstraße 2. Damals hatte der Schalke-Fan Kuhnke den Freund und BVB-Anhänger Hans Tilkowski angesprochen, ob er nicht eine Autogrammstunde zu diesem Anlass geben würde. „Wir kennen uns seit Jahren“, so der Versicherungsmakler über seine Beziehung zum deutschen WM-Torwart von 1966, der damals im Finale gegen England ein Tor kassierte, welches aus seiner Sicht und der der Wissenschaft nie eins war, das Wembley-Tor. „Bring’ Geoff mit“ hatte Kuhnke damals scherzhaft gesagt. Der ist niemand anderes als Sir Geoff Hurst, der Schütze des umstrittenen 3:2. Gesagt, getan. Beide Legenden kamen, es gab gar eine große Gala im Schloss Borbeck unter der Moderation von Werner Hansch.

„Die hätten auch beide die Grugahalle füllen können“

Wenige Monate später stehen Tilkowski und Hurst am Samstag wieder in der Agentur, vor einem überdimensionierten Foto-Abzug der wohl wichtigsten Spielszene ihres Lebens. Man sieht auf dem Motiv, wie das Leder kurz davor ist, den Boden zu berühren. Ihre Sicht auf das Geschehen ist aber immer noch die selbe: „... und es war doch kein Tor“, so hat der Deutsche den riesigen Druck signiert, mit „100% Goal“ unterzeichnete dagegen der Engländer. Nur fürs Wochenende hat Kuhnke beide erneut zusammengebracht. Mitarbeiter, Freunde und Familie sind dabei. „Die hätten auch beide die Grugahalle füllen können“, scherzt ein Gast. Überall hängen Abzüge verschiedenster Aufnahmen rund um das Wembley Tor – als Kunstobjekte. Bevor es am Abend zum Rudelgucken des Deutschland-Spiels im kleinen Kreis ins Hotel geht, diskutieren die beiden alten Hase noch über ihr Lieblingsthema: Sollten technische Hilfsmittel, wie ein Chip im Ball oder Torlinienrichter Pflicht im Fußball-Betrieb werden?

Hurst ist dafür, er nennt als Beispiele die Traditionssportarten Rugby, Cricket und Tennis, wo technische Hilfsmittel zusätzliche Spannung gebracht hätten. „Nur dabei und beim Wembley-Tor widersprechen wir uns“, sagt Hurst lachend und kommt der Antwort seines Gegenüber zuvor. „Was ist wichtiger? Der Sport oder das Geschäft?“, fragt Hans Tilkowski, der sich gegen die Ökonomisierung wehrt. Leidenschaftlich streiten beide darüber, ihrer Freundschaft kann dies aber nichts anhaben: „Die ist wichtiger als Fußball, als dieses Tor in Wembley“, sagt Tilkowski. Hurst nickt – ohne auf die Ausführungen des Dolmetschers zu warten.

Info: Das Wembley-Tor

Im Finale der WM 1966 im Londoner Wembley-Stadion überwand der Engländer Geoff Hurst in der 101. Minute den deutschen Torwart Hans Tilkowski. Sein Schuss prallte von der Unterkante der Latte auf den Boden auf und der deutsche Verteidiger Wolfgang Weber köpfte das Leder anschließend ins Toraus. Der Schweizer Schiedsrichter Gottfried Dienst hakte beim aserbaidschanischen Linienrichter Tofiq Bəhramov nach und gab das Tor.