Essen. Der Essener Integrationsrat ist nach den jüngsten Skandalen sichtlich um einen Neuanfang bemüht: So wurde der neue Vorsitzende Samir Fetic am Mittwoch einstimmig gewählt. Auch der scheidende Vorsitzende Muhammet Balaban von der Allianz der Essener Türken gab sich am Mittwoch versöhnlich.

Radikaler kann ein Imagewechsel kaum ausfallen: Nach hitzigen Diskussionen und handfesten Skandalen präsentierte sich der Integrationsrat bei seiner konstituierenden Sitzung an diesem Mittwoch als Hort der Harmonie. Da wurde der neue Vorsitzende Samir Fetic (Grüne) einstimmig gewählt, da entfielen auf das Stellvertreter-Trio 24 Ja-Stimmen und nur jeweils ein Nein und eine Enthaltung.

Auch der scheidende Vorsitzende Muhammet Balaban von der Allianz der Essener Türken, der noch bis Sonntag den Eindruck erweckt hatte, als wolle er es auf eine Kampfkandidatur ankommen lassen, gab sich am Mittwoch versöhnlich und lobte in seiner Abschiedsrede den erreichten „Schulterschluss“. Mit seiner fragwürdigen Haltung zu den rechtsradikalen „Grauen Wölfen“ hatte Balaban dem Gremium viele negative Schlagzeilen beschert; nun erklärte er, dass sich die Allianz in den Kompromiss einbinden lasse, um Verantwortung für die Zukunft des Integrationsrates zu übernehmen. Mehr noch: Sollte mal eine Äußerung von ihm als persönliche Beleidigung aufgefasst worden sein, „bitte ich um Entschuldigung“.

Muhammet Balaban entschuldigt sich

Nach der aufreibenden Kompromisssuche in den vergangenen Wochen mischte sich die Erleichterung über Balabans Rückzug nun mit der Würdigung seiner Verdienste. SPD-Ratsfrau Karla Brennecke-Roos dankte dafür im Namen aller mit Blumen und Bücher-Gutschein, sprach von seiner guten Arbeit, unterschlug aber auch nicht, „dass wir uns manchmal gekebbelt haben“. Der Grüne Ratsherr Burak Copur würdigte das jahrzehntelange Engagement von Balaban ebenso wie die „kluge Einsicht“, mit der er nun Schaden von der Integrationspolitik abwende. „Es ist eine weise Entscheidung von Herrn Balaban, jetzt den Weg frei zu machen für eine Verjüngung und einen Neuanfang des Gremiums.“

Diesen Neuanfang soll die Allianz Essener Türken mitgestalten, die mit Harun Kazoglu den ersten stellvertretenden Vorsitzenden stellt. Als weitere Stellvertreter wurden Esma May (CDU) und Ayman Issa von der libanesischen Familien-Union. Vorsitzender ist jetzt der Grüne Samir Fetic (38), der in Bosnien-Herzegowina geboren wurde, aber seit frühester Kindheit in Deutschland lebt. In seiner Vorstellung berichtete er nicht nur von seiner Familie und seiner Arbeit als Landesbediensteter, sondern auch von einer unschönen Erfahrung: Dieser Tage sei eine Mail im Umlauf, die in ehrabschneiderischer Absicht seine früheren Besuche in einer wohl unter Islamismus-Verdacht stehenden Moschee thematisiere. Er habe dort nur Arabisch gelernt und das auch nie verheimlicht, gegen den Absender der Mail wolle er Strafantrag stellen. In dieser harmonischen Sitzung sollte es das einzige Ärgernis für den neuen Vorsitzenden bleiben.