Essen. Nach dem Lob der Politik für die Kundenfreundlichkeit des Essener Ausländeramts schaltet sich „Pro Asyl“ ein: Es dauere jetzt bis zu zwei Monate, bis Flüchtlinge einen Termin bekommen. Mitunter müssten auch werdende Mütter wochenlang auf Leistungen für Schwangerschaft und Geburt verzichten.

Lob ist nicht das täglich Brot der Mitarbeiter in der Ausländerbehörde an der Schederhofstraße. Da dürfte es sie in der vergangenen Woche umso mehr gefreut haben, dass Vertreter von SPD und CDU ihnen und ihrem Amt öffentlich bescheinigten, sich auf den Weg hin zu mehr Kundenfreundlichkeit gemacht zu haben.

Merkliche Anlaufschwierigkeiten

Durch die persönliche Terminvergabe, so hieß es, habe sich die seit Jahren kritisierte Situation auf den Fluren merklich entschärft. Was selbst der Essener Flüchtlingsrat „Pro Asyl“ bestätigen mag, allerdings nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die momentane Umstellung in der Behörde mit merklichen Anlaufschwierigkeiten einhergehe.

Die sichtbare Warteschlange mag zwar passé sein. Jedoch landen die Kunden jetzt in einer wochenlangen Warteschleife und schlagen spätestens dann hilfesuchend bei den Flüchtlingsberatern auf, wenn ihnen existenzielle Nachteile entstehen. „Was außerhalb der Flure des Ausländeramtes passiert“, sagt Inka Jatta von Pro Asyl, „bleibt der Öffentlichkeit zumeist verborgen.“ Aber eben nicht den Helfern von der Friedrich-Ebert-Straße: Nach deren Darstellung warten die Menschen sechs bis acht Wochen auf einen Termin und auch in dringenden Fällen sei „keine schnelle Vorsprache möglich“.

Fälle von besonderer Härte

Wöchentlich werden Fälle von besonderer Härte bekannt, so Jatta. Etwa dann, wenn Neugeborene nicht schnell genug angemeldet werden können oder werdende Mütter „wochenlang auf Leistungen für Schwangerschaft und Geburt verzichten müssen, weil ohne eine Anmeldung die Krankenversicherung über das Sozialamt nicht greift“. Auch die Flüchtlingsberatung der Evangelischen Kirche kenne solche Fälle.

Probleme, die Peter Allmang, stellvertretender Leiter des OB-Büros der Stadt, nicht unbekannt sind: In der Tat gebe es bei der Terminvergabe „einen Vorlauf von vier bis sechs Wochen“, wenn ein Aufenthaltstitel über Berlin beantragt werden müsse. Das sei zwar „verbesserungsfähig“, im Vergleich zu anderen Behörden aber „so schlecht nicht“.

Mehrere Faktoren kommen zusammen

Es kämen mehrere Faktoren zusammen: ein überdurchschnittlich hoher Krankenstand treffe auf eine Personaldecke, die eh schon auf Kante genäht sei und „eine freie Wahl der Brückentage“, die „testweise eingeführt“ worden sei, trage ihr Übriges dazu bei. Zurzeit denke man innerhalb der Stadtspitze über Lösungen nach, „um die Rückstände abbauen zu können“, so Allmang – etwa mit den Kunden stundenweise Termine am eigentlich publikumsfreien Mittwoch zu vereinbaren: „Wir arbeiten dran.“