Essen. .

Bundesweit kritisiert, in Essen ohne große Aufregung eingeführt: die elektronische Aufenthaltskarte für Nicht-EU-Ausländer. In Essen sind davon etwa 40.000 Menschen betroffen, die meisten von ihnen, 17.000, kommen aus der Türkei.

Deutsche haben die Wahl, Ausländer nicht. Was in Sachen Wahlrecht auf Bundes- und Landesebene den Unterschied zwischen Menschen mit und ohne deutscher Staatsangehörigkeit macht, gilt verstärkt bei den neuen elektronischen Aufenthaltstiteln für Nicht-EU-Ausländer: Seit einem Monat wird bundesweit die neue Aufenthaltskarte an den Ausländerämtern ausgegeben, die den bisherigen Aufkleber in den Heimatland-Pässen der Migranten ersetzen. Während Deutsche entscheiden dürfen, ob neben dem biometrischen Foto noch ihre Fingerabdrücke auf der Chipkarte ihres neuen Personalausweises gespeichert werden, haben Migranten diese Option auf ihrem scheckkartengroßen Dokument nicht. In Essen sind davon etwa 40.000 Menschen betroffen, die meisten von ihnen, 17.000, kommen aus der Türkei. Die alten Aufkleber bleiben bis zu ihrem Ablaufdatum gültig.

In der landauf, landab geführten Debatte über diese Ungleichbehandlung sind durchaus kritische Stimmen von Migrantenverbänden und Oppositionspolitikern aus dem Bundestag zu vernehmen. Vor allem die Tatsache, dass auch die Fingerabdrücke von Kindern ab dem sechsten Lebensjahr gespeichert werden, empört einige Datenschützer. Zwischen Kettwig und Karnap ist jedoch kaum Aufregung wegen des elektronischen Aufenthaltstitels auszumachen.

Mehr Arbeit, mehr Kosten

Und so mag der Vorsitzende des Integrationsrates in Essen, Muhammet Balaban, nicht mit in den Chor der Kritiker einstimmen. Er sieht im massenhaften Abspeichern der Fingerabdrücke in den neuen Ausweisen auch keinen „Generalverdacht gegenüber allen Ausländern“. Balaban: „Wer nichts zu verheimlichen hat, der hat nicht zu befürchten.“

Bernd Brack, Ehrenvorsitzender von ProAsyl in Essen hat die neue Aufenthaltskarte achselzuckend zur Kenntnis genommen. Die Fingerabdrücke von Asylbewerbern würden seit eh und je zentral gespeichert. Nichts neues also.

Vieles neu ist hingegen für die Antragsteller und für die Beamten der Ausländerbehörde selbst. Wie beim neuen Personalausweis ist die Bearbeitung der Anträge aufwendiger. Bis gesicherte Erfahrungswerte vorliegen, hat die Ausländerbehörde an der Scheder-hofstraße daher 1,5 Personalstellen zusätzlich bekommen, um die Arbeit bewältigen zu können. Deren Leiter Jörg Stratenwerth berichtet gleichwohl von einem bislang geschmeidigen Wechsel vom Klebeetikett zur Elektro-Aufenthaltskarte.

Auf die Behörde kommen durch die Umstellung zusätzliche Kosten von 30.000 Euro für neue Hard- und Software sowie Personalkosten von 270.000 Euro zu. Auch für die Antragsteller wird’s teurer: Die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung kostet nun 80, die Erstausteilung gar 110 Euro. Laut Bundesinnenministerium ist dies die Sache aber wert, weil damit ein Mehr an Fälschungssicherheit der Dokumente erreicht werde.