Essen. . Die „Bunten Gärten“ in Katernberg sind eine Vorzeige-Kleingartenanlage, was das Thema Integration betrifft. Nun wurde dem Verein die Fläche vom Verpächter, dem Stadtverband der Essener Kleingärtner, gekündigt. Sind die Migranten Opfer einer Fehde des Verpächters mit der Stadt?
Wie eine typisch deutsche Kleingartenanlage sieht die Fläche des Vereins „Bunte Gärten Alte Kirchstraße“ in Katernberg nicht aus. Anstelle der kleinteiligen grünen Hecken-Heimeligkeit stehen wenig Sichtschutze und Zäune, die üblichen verspielten Lauben sind hier schlichte Steinhäuser. Türken, Libanesen, Marokkaner oder Tunesier haben ihr Stadtrandidyll geschaffen. Damit soll es bald vorbei sein.
Der Stadtverband der Essener Kleingärtner – genauer gesagt deren Tochter Essener Kleingarten Grund und Boden GmbH – hat ihrem Pächter zum Ende des Jahres gekündigt. Verschwinden sollen dann wohl auch die Unterpächter. Zwei Kindergärten betreiben hier ein Häuschen mit Garten zur Anschauung für ihre Schützlinge, die „Familiengärten“ – in 2008 vom Bund ausgezeichnet mit dem Preis „Soziale Stadt“.
Schlichtungsstelle soll vermitteln
„Natürlich ist das eine Katastrophe für uns. Wir fühlen uns hier heimisch und es steckt enorm viel Geld und Mühe in der Fläche“, stellt Adem Ziyansiz, Vorstandsmitglied des Vereins fest. Bei Null habe man hier angefangen, die ganze Fläche von Wildwuchs befreit. Mindestens 7000 Euro habe jeder der Mitglieder für das Häuschen ausgegeben, einmalig noch einmal 2600 Euro für den Ausbau der Fläche. Kanalisation, Gehwege und Parkplatz hätten über 100.000 Euro gekostet.
Geld, das zum Teil auch vom Land kam. 40.000 Euro sind u.a. für die Abwasserentsorgung geflossen. Aufhänger: der integrative Ansatz des Projektes. Hier liegt wohl schon ein Grund dafür, dass das Tischtuch zwischen Pächter und Verpächter zerschnitten scheint. „Der Verein wird an uns vorbei geradezu mit Geld zugeschüttet. Die anderen Kleingärtner kriegen keinen Cent“, ärgert sich der Verbandsvorsitzende Heinz Schuster über die „Ungleichbehandlung“.
Nie sei er als Eigentümervertreter informiert worden, habe die „Luxus-Entwässerung“ vor Ort durch Zufall entdeckt. Aus einem Schreiben des Büros Stadtentwicklung, das zusammen mit dem „Institut für Stadtteilentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung“ ( ISSAB) der Uni Duisbur-Essen die „Bunten Gärten“ von Anfang an begleitet hat, geht jedoch hervor: Schuster selbst habe die Verwaltung aufgefordert, den Bauantrag zu stellen, um an Fördermittel des Landes zu gelangen.
Kleingärtner bauen ihr Gemüse selbst an
"Seit Jahren Ärger mit dem Verein
„Eigenmächtig“, so steht in einem zweiten Kündigungsschreiben des Verbandes, sei der Verein auch bei einer Kooperation mit der Volkshochschule vorgegangen. Im ersten ist von geschwänzten Betriebsversammlungen und Vorstandssitzungen des Verbandes die Rede. Fragt man den obersten Essener Kleingärtner detailliert nach den Kündigungsgründen, wird er grantig: „Wir haben seit Jahren Ärger mit diesem Verein.“
Die Vereinsmitglieder würden am liebsten dies Kriegsbeil ein für allemal vergraben. „Uns ist sehr daran gelegen, eine gütliche Einigung zu finden“, sagt Zyansiz. Die Anschuldigungen seien veraltet, Jahre alt, längst aus der Welt oder nicht in der Schuldigkeit des Vereins liegend. Wozu sie nun präzise Stellung nehmen sollen, wüssten sie nicht. Ebensowenig, wie der Politiker Udo Karnath (SPD), der sich als Vorsitzender des Unterausschusses Kleingartenwesen um einen Runden Tisch mit den Beteiligten bemüht, um die Vorwürfe zu klären. Schuster hat nichts gegen eine Teilnahme, unterstreicht jedoch: „Das ist eine Privatsache, mit der sich die Öffentlichkeit nicht zu beschäftigen hat.“
Klima für Frieden nicht geeignet
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Vermitteln soll die interne Schlichtungsstelle der Kleingärtner. Doch bei dem Ansetzen eines Termins ist zwischen Pächter und Verpächter ein Ping-Pong-Spiel entstanden, frei nach dem Motto: Ohne konkrete Kritik keine Einlassung des Vereins, ohne Begründung und Einlassung des Vereins keine (internen) Schlichter. Das Klima scheint für einen Frieden nicht geeignet.
Überhaupt kein Verständnis hat Schuster dafür, dass sich die Migranten und Deutschen mit Migrationshintergrund in der Vergangenheit und auch aktuell Hilfe geholt haben von Stadt, der Politik und dem ISSAB, letztere von ihm „Verwaltungsmafia“ genannt. Zu vernehmen ist, dass hier ein Grund für den Grimm des Vorsitzenden liegt, der sich derzeit in einer Fehde mit der (Stadt-) Verwaltung befindet. Der Kooperationsvertrag mit der Stadt soll zum nächst möglichen Termin gekündigt werden. Gegen die geplante, aber derzeit ausgesetzte, Kostenbeteiligung der Kleingärtner an dem Ausbau von Straßen läuft er Sturm. Die „Bunten Gärten“ nennt er einen „Gefallen“, den sein Verband der Stadt getan habe.