Essen. . Das Protonentherapiezentrum an der Uniklinik Essen soll Mitte des Jahres in Betrieb gehen. Gesetzliche Krankenkassen zahlen nicht bei allen Indikationen für die Strahlentherapie. Das neue Verfahren schont das umliegende Gewebe, die Nebenwirkungen sind deutlich geringer. Wie sicher die neue Technik ist, muss sich allerdings noch erweisen.

Zwei Jahre später als geplant haben die abschließenden Tests an den Bestrahlungsgeräten im Westdeutschen Protonentherapiezentrum (WPE) begonnen. „Voraussichtlich Mitte des Jahres können wir die ersten Krebspatienten behandeln“, sagt der ärztliche Direktor des Uniklinikums, Professor Eckhard Nagel.

Die Behandlung in der rund 140 Millionen Euro teuren Anlage nahe dem Grugapark soll Maßstäbe in der Krebstherapie setzen, denn mit Protonenstrahlen lassen sich Tumore wesentlich zielgenauer behandeln als bei herkömmlichen Bestrahlungen. Das neue Verfahren schont das umliegende Gewebe, die Nebenwirkungen sind deutlich geringer.

Krankenkassen zahlen nur bei bestimmten Indikatoren

Wie sicher die neue Technik ist, muss sich allerdings noch erweisen. Zwei Jahre lang hatte die Uniklinik bei ihrem Joint-Venture-Partner auf Einhaltung höchster Sicherheits-Standards gedrungen. Es wurde nachgebessert. Derzeit laufen am ersten von vier Behandlungsplätzen die abschließenden Tests.

Geht die Anlage in Betrieb, kostet die Behandlung pro Patient rund 18.000 Euro und damit rund drei mal so viel wie eine herkömmliche Krebstherapie. Ein Verfahren, das gesetzliche Krankenkassen nur bei bestimmten Indikationen zahlen. Mit drei Kostenträgern hat die Uniklinik bislang Kooperationsverträge ausgehandelt. So zahlt die Barmer GEK etwa für die Krebstherapie von Kindern, die sich im Wachstum befinden und vor den Folgen streuender Strahlen geschützt werden sollen. Die Kosten werden zudem übernommen für Patienten mit Leberzell-, Lungen-, Pankreas- und Speiseröhrenkarzinomen sowie Kopf- und Hals-Tumoren.

"Wir wissen noch immer zu wenig über die vollen Einsatzmöglichkeiten"

Einen Schwerpunkt wird die Uniklinik außerdem auf die Behandlung von Augentumoren legen, in der sie europaweit als führend gilt. Ähnlich lautende Indikations-Vereinbarungen haben bereits die AOK Rheinland/Hamburg und die VdaK für ihre Versicherten unterschrieben, mit anderen gesetzlichen Krankenkassen handelt die Uniklinik derzeit Verträge zur so genannten integrierten Versorgung aus.

Weiterer Bestandteil des Kooperationsvertrages ist die wissenschaftliche Dokumentation der Behandlungen, denn „wir wissen noch immer zu wenig über die vollen Einsatzmöglichkeiten der Protonentherapie und vor allem brauchen wir weitere Nutzennachweise“, erklärt der stellvertretende Barmer GEK-Vorstandsvorsitzende Rolf-Ulrich Schlenker. Wie wirksam die Behandlung ist, soll darum mit begleitenden wissenschaftlichen Studien an der Uniklinik Essen überprüft werden. Ein eigens eingerichteter wissenschaftlicher Beirat wird über die Weiterentwicklung des Indikationsspektrums entscheiden. „So können wir im Spiegel der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse unsere Behandlungen von Tumorerkrankungen optimal aufeinander abstimmen“, erklärt Nagel.

Rund 6000 potentielle Patienten

Rund 6000 Patienten bundesweit kommen nach Schätzungen der Barmer GEK jährlich für die Protonentherapie-Behandlung in Frage. Womit die Uniklinik in der Region ein Alleinstellungsmerkmal hat. Ein privat betriebenes Zentrum steht in München, ein weiteres, das mit gesetzlichen Krankenkassen kooperiert, in Heidelberg.

Nach Abschluss der Tests soll das WPE an sechs Tagen wöchentlich im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten.