Essen. . Damit die GEZ nicht in die Röhre guckt, muss die Stadt Essen nicht gezahlte Rundfunk-Gebühren einziehen. Der zunehmende Aufwand sorgt für Ärger, denn das Personal ist schon jetzt knapp genug. Schuld ist ein Erlass des NRW-Innenministeriums vom 18. Oktober 2010.
Wer glotzt muss zahlen, wer hört, muss auch zahlen, und wer surft muss sowieso zahlen: Rundfunkgebühren kosten den Essener bis zu 17,98 Euro im Monat. Einmal bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) angemeldet, werden die Gelder im vierteljährlichen Rhythmus fällig. Wer’s versäumt, ruft nicht nur die GEZ auf den Plan, sondern vor allem die Stadt Essen. Obwohl die allzu gern drauf verzichten würde.
GEZ darf selbst keine Schulden eintreiben
Nach einem Erlass des Nordrhein Westfälischen Innenministeriums müssen die Kommunen seit dem 18. Oktober 2010 für die Eintreibung nicht gezahlter Rundfunk-Gebühren eintreten, sprich: mit eigenem Personal die Schuldner zur Zahlung auffordern, im äußersten Fall sogar einen Gerichtsvollzieher hinzuberufen. „Das Ganze kam damals auf einem eiskalten Wege“, erinnert sich Holger Menke. Seine Abteilung, der Vollstreckungsaußendienst der Stadt Essen, ist für die Umsetzung des Erlasses mit dem Aktenzeichen 56-36.06.10 zuständig, der jetzt konsequenter umgesetzt werden soll.
Beim bislang praktizierten Verfahren blieb der Aufwand überschaubar: Die GEZ meldete die gesetzlich verurteilten Nicht-Zahler den Kommunen, da sie selbst dem Gesetz nach keine Schulden eintreiben darf. Die Stadt schrieb die Betroffenen an und kassierte dafür 23 Euro Aufwandsbeitrag pro Auftrag von der zuständigen Landesrundfunkanstalt, in NRW also vom WDR. „So war es für uns eine Nullnummer“, erklärt Menke. In 25 Prozent aller Fälle, laut Menke rund 10.000 jährlich, der GEZ nach nur 7.900, genügte das bereits, die Schuldner zahlten.
"Wir haben den Auftrag und müssen ihn irgendwie umsetzen"
Für den zunehmenden Ärger sind jedoch die übrigen 75 Prozent verantwortlich, denn sie bedeuten für die Stadt jetzt erheblichen Mehraufwand. Oftmals erhielt die GEZ bei einer Nicht-Zahlung ein Protokoll, das den erfolglosen Versuch des Gebühreneinzugs belegte und weitere Schritte, wie die Einholung eines Offenbarungseids des Schuldners oder die Beauftragung eines Gerichtsvollziehers, ablehnte. Des fehlenden Personals wegen.
Mit der laxen Tour soll jetzt Schluss sein – ohne zusätzlichen Druck durch den WDR oder das Innenministerium, wie man dort klarstellt. „Wir haben den Auftrag und müssen ihn irgendwie umsetzen“, so die städtische Selbsterkenntnis. Dazu muss nach der ersten Nicht-Zahlung ein Offenbarungseid des Schuldners durchgesetzt und im Notfall privates Eigentum gepfändet werden.
„Um diesem formstrengen Verfahren vollständig nachzukommen, müssten wir mit zwei zusätzlichen Stellen rechnen“, sagt Holger Menke. Fakt sei aber, dass er in seiner Abteilung aufgrund der Sparzwänge noch drei Stellen abbauen müsse. „Aber wir haben den Auftrag und müssen ihn irgendwie umsetzen“, resigniert der Vollstreckungsdienst-Leiter. Die Konsequenzen seien ganz einfach: „Die Bearbeitung wird wesentlich länger dauern, die übrigen Fälle werden länger liegen bleiben.“
Einsatz von Gerichtsvollziehern
Auch die neue Regelung zur Haushaltsabgabe, die ab 2013 flächendeckend für alle Haushalte eingeführt wird, bringt laut Menke keine Verbesserung. Im Gegenteil: bislang nicht erfasste Schwarzgucker, die noch von der GEZ aufgespürt werden müssen, werden dann wohl erfasst und könnten Menkes Klientel noch vergrößern. „Wer nicht zahlt, der zahlt halt erstmal nicht“, so seine Erfahrung.
Helfen könnte lediglich mehr Aufklärung über gültige Befreiungsansprüche. „In den meisten Fällen haben wir es mit Leuten zu tun, die arbeitslos geworden sind“, erklärt Menke. Diese sind, sowohl aktuell als auch zukünftig, von den Gebühren befreit. „Viele wissen das jedoch nicht, oder vergessen es, den Antrag zu stellen.“ Dann heißt es zahlen, ob man kann oder nicht. In letzterem Fall wird die Stadt in Zukunft mit dem Gerichtsvollzieher vor der Tür stehen. Ob sie will, oder nicht.