Essen. . Anwohner in Vogelheim wollen den Lkw-Lärm vor der Haustür nicht länger hinnehmen. Seit die Stadt 2005 beschloss, den Schwerlastverkehr nicht mehr über die Gladbecker sondern die Hafenstraße zu lenken, nimmt die Belastung zu. Die Stadtteilkonferenz denkt an eine Klage gegen die Stadt Essen.

Abends um sieben konnten die Kinder getrost auf der Straße Rollschuhlaufen, erzählt Peter Wallutis. In der Rückschau mag so manches verklärt erscheinen, aber heute wäre Rollschuhlaufen ohne Zweifel lebensgefährlich. Nicht wegen der tiefen Schlaglöcher und auch nicht wegen der abgesackten Gullideckel, aber wegen der vielen Lkw, die von früh bis spät über die Hafenstraße donnern. Wie zum Beweis brettert ein mit Leichtmetall beladener Sattelzug über den Asphalt, dass es nur so scheppert. „Was macht der bloß hier?“ Wallutis kann und will sich nicht daran gewöhnen. Nicht Verzweiflung schwingt mit in seinen Worten, sondern Zorn.

Seit fast 30 Jahren wohnt Wallutis in Vogelheim. Dass er sich nicht in einem Luftkurort niederlassen würde, war dem heute 54-Jährigen sehr wohl bewusst, als er mit seiner Familie hierher zog. Hafenstraße - das klingt nicht nach glücklichen Kühen, sondern nach Güterumschlag und Lkw-Verkehr. Der hat mit den Jahren stetig zugenommen. Seit die Stadt aber 2005 beschloss, den Schwerlastverkehr wegen der hohen Feinstaubbelastung werktags nicht mehr über die viel befahrene Gladbecker Straße zu lenken, sondern über die Hafenstraße, ist der Lärm für die Anwohner eine Qual.

Verkehrskonzept für den Essener Norden als Ziel

Peter Wallutis und seine Mitstreiter von der Stadtteilkonferenz sind nicht gewillt, dies länger hinzunehmen. Die SPD wollen sie im Stadtrat für eine politische Initiative gewinnen. Das Ziel: ein Verkehrskonzept für den Essener Norden. Das klingt reichlich vage, aber niemand soll ihnen schließlich vorwerfen können, sie hätten nicht alles versucht. Sollte die Initiative im Rat scheitern, wollen sie den nächsten Schritt gehen: Er führt direkt zum Verwaltungsgericht nach Gelsenkirchen.

Eine Klage gegen die Stadt Essen wäre die Ultima Ratio, das letzte Mittel. Alle anderen Versuche, die belastende Verkehrssituation zu entschärfen, brachten aus Sicht der Stadtteilkonferenz nur die enttäuschende Erkenntnis, dass sich nichts bewegt hat. Zwar ließ die Stadt 2010 prüfen, in wie weit sich das Straßennetz im Bereich des Stadthafens und des Econova-Gelände entlasten ließe. Der Vorschlag der Gutachter, die Straße Am Stadthafen auszubauen, schlüge mit rund 2,5 Millionen Euro zu Buche und führte trotz der hohen Kosten nur zu einem bescheidenen Ergebnis. Den Entlastungseffekt für die Anwohner bezifferten die Verkehrsexperten auf „unter zehn Prozent“. Im aktuellen Lärmminderungsplan der Stadt taucht die Hafenstraße gar nicht auf.

„Es geht um den Schutz unserer Gesundheit“

Die Stadtteilkonferenz will sich davon nicht entmutigen lassen. Und auch in der Verwaltung ist inzwischen die Erkenntnis gereift, dass es zwar erfreulich sei, wenn die Feinstaub-Belastung auf der Gladbecker Straße durch die Lkw-Umleitung zurückgegangen ist, dass den Preis dafür aber die Anwohner der Hafenstraße zahlen müssen.

Weil Luft und Lärm zwei Seiten einer Medaille sind, hat das Umweltministerium eine Machbarkeitsstudie „zur Verringerung von Luft- und Lärmemissionen im Essener Norden“ in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sollen in wenigen Wochen vorliegen. Peter Wallutis fiele dazu etwas ein: Tempo 30, eine neue Asphaltdecke auf der Hafenstraße und eine konsequente Verkehrsführung für Lkw über die Bottroper Straße zur A 42. „Das ist das Mindeste, was die Stadt tun müsste.“ Ob das Verwaltungsgericht es im Zweifel genauso sieht? „Es geht um den Schutz unserer Gesundheit“, sagt Wallutis. „Dieses Recht werden wir vor Gericht einfordern, wenn es denn sein muss.“