Essen. . Allmählich rundet sich das Bild ab. Was letztlich zum tödlichen Messerstich von Holsterhausen führte, war offenbar das Ergebnis einer typischen „Was guckst Du?“-Auseinandersetzung junger Männer. Bei der allerdings der Angeklagte Lukas K. (18) die Eskalationsstufe höher und höher schraubte.
Er scheint das selbst zu ahnen. Zwar hatte Lukas K. die Tat vom 13. November 2011, bei der er den 19-jährigen Tobias Götz erstach, zum Prozessauftakt als Notwehr und Unfall dargestellt. Am Donnerstag entschuldigte er sich aber bei einem Opfer, das überlebt hatte. Dem heute 20-Jährigen, der zu einer Gruppe von vier Fußballern des TuS-Holsterhausen gehörte, sagte er, wie leid es ihm tue, dass er diesem den Freund genommen habe. Dann ging Lukas K. auf den Streit ein, den er und die Gruppe an jenem Sonntag auf der Holsterhauser Straße austrugen: „Es hätte von beiden Seiten anders sein können – aber von meiner erst recht.“
Unverständliches gemurmelt
Tatsächlich gab es wohl keine einseitige Provokation des Angeklagten, obwohl es so in der Anklage steht. Der 20-Jährige schilderte vor Gericht, wie er mit seinen drei Freunden nach einem Fußballspiel vor dem Nikolaus-Grill am Gemarkenplatz aus dem Auto stieg. Der Angeklagte im schwarzen Kapuzenpullover hätte sie dabei angeguckt und Unverständliches gemurmelt.
Als sie dann neben ihm die Holsterhauser Straße in Richtung Sparkasse überquerten, hätten sie lachen müssen. Das habe der Angeklagte auf sich bezogen. „Traf das zu, dass Sie über ihn lachten“, fragt Richter Günter Busold. „Definitiv nicht“, sagt der Zeuge. Auf der anderen Straßenseite sei der Angeklagte stehen geblieben. Einer von ihnen hätte ihn gebeten, weiter zu gehen, den Weg frei zu machen. Auf Nachfrage des Richters gibt der Zeuge die Wortwahl wieder: „Verpiss dich, sagte einer von uns. Und Tobias sagte zum Angeklagten, er solle den Kopp zumachen. Aber beleidigt haben wir ihn definitiv nicht.“
Tritt gegen die Brust
Diesen Streit mit Wörtern quittierte der Angeklagte dann offenbar mit dem Tritt gegen die Brust von Tobias Götz. Er hatte gesagt, die vier Fußballer hätten bedrohlich um ihn herum gestanden. Aber die Zeugen sagen, Lukas K. sei für den völlig überraschenden Tritt extra zurückgekehrt. Der 20-Jährige: „Tobias suchte er sich aus, weil er der Kleinste war.“
Der Angeklagte rannte nach dem Tritt weg. Auf seiner Flucht stellte Tobias Götz ihn schnell und bekam zwei Stiche in Brust und Bauch ab. Auch der Zeuge wurde von Lukas K. angegriffen und im Nackenbereich lebensgefährlich verletzt. Dass Lukas G. mit ausgestrecktem Arm das Messer zur Abwehr hielt und Tobias G. hinein lief, wie der Angeklagte am ersten Tag erzählte? Nein, das sah keiner der Zeugen, die das Gericht am Donnerstag hörte.