Essen. . Vor dem Essener Landgericht hat am Mittwoch der Prozess um um die tödlichen Messerstiche begonnen, durch die am 13. November vergangenen Jahres ein 19-jähriger Fußballer in Holsterhausen starb. Der Angeklagte Lukas K. stellte sich am ersten Prozesstag selbst als Opfer dar.
Fünf Monate nach den tödlichen Stichen im Essener Stadtteil Holsterhausen bricht der 18 Jahre alte Angeklagte Lukas K. sein Schweigen. Vor der Jugendstrafkammer des Essener Landgerichtes stellt er sich am Mittwoch selbst als Opfer des später Getöteten dar. Im Streit sei der 19-jährige Tobias Götz ihm ins Messer gelaufen.
Staatsanwältin Elke Hinterberg lastet die Ursache des Streites in ihrer Anklage dagegen Lukas K. an. Am Sonntag, 13. November, hätte er auf der Holsterhausener Straße in Höhe Gemarkenstraße vier junge Männer des Fußballvereins TuS Holsterhausen, die gerade von einem Spiel in Karnap kamen, verbal provoziert. Sprüche gingen hin und her. Unvermittelt soll Lukas K. den später Getöteten vor die Brust getreten haben. Als Tobias Götz ihn auf der Flucht einholte, hätte er zweimal auf ihn eingestochen. Einmal in die Brust, einmal in den Bauch. Trotz einer Notoperation starb der 19-Jährige an den Folgen des Stiches, der das Herz getroffen hatte.
Aus Angst getreten und davon gelaufen
Laut Anklage stach Lukas K. auch noch auf einen weiteren Fußballer ein, traf diesen zweimal im Nacken. Er überlebte. Auf Totschlag und versuchten Totschlag lautet die Anklage. Die Eltern von Tobias Götz und die des Verletzten sitzen als Nebenkläger im Saal, versuchen ihre Emotionen zu unterdrücken. Lukas K. stützt den Kopf in die Hände, so als wolle er sich unsichtbar machen. Verteidigerin Jenny Lederer nimmt das zum Anlass, für ihn zu sprechen: „Er will sich äußern. Aber er ist jetzt so aufgewühlt, dass er mich darum bat, das Geschehen vorzutragen.“ Es ist das genaue Gegenteil der Anklage. Nicht er hätte provoziert, sondern die Fußballer hätten ihn mit „Hurensohn, Spasti“ beschimpft. Vor allem Tobias Götz soll aggressiv gewesen sein. Aus Angst vor der Vierer-Gruppe will Lukas K. dann getreten haben und fortgelaufen sein.
Auf der Flucht sei Tobias Götz schnell näher gekommen. Aus Angst will der Angeklagte sein Messer gezogen haben, um die Verfolger abzuwehren. Allein das Zeigen des Messers sollte sie abschrecken, sagt die Verteidigerin. Als er sich deshalb zu den Verfolgern umdrehte, hätte Tobias Götz nicht mehr abbremsen können und sei ins Messer gelaufen. Jenny Lederer: „Er ist tieftraurig über das, was geschehen ist. Er wollte zu keinem Zeitpunkt jemanden töten oder verletzen. Er hatte große Angst.“
Angeklagter wurde als Intensivtäter beobachtet
Acht Tage hat das Gericht eingeplant, um die Tat aufzuklären. Augenzeugen wird es hören, mit dem Rechtsmediziner erörtern, ob die Einlassung des Angeklagten zu den Messerstichen passen kann. Und um das Vorleben von Lukas K. wird es gehen. Er soll von der Polizei in der Intensivtäter-Gruppe beobachtet und betreut worden sein. Schon als Zehnjähriger war er aus der Familie herausgenommen worden, lebte im Heim. Nicht nur er, auch weitere Familienangehörige sollen stark verhaltensauffällig gewesen sein. Vor fünf Jahren verließ er das Heim, wurde individual-pädagogisch betreut. Die Sonderschule besuchte er, rauchte Cannabis. Um Konflikten mit seinem Vater und mit seiner Mutter und deren Lebensgefährten zu entgehen, bekam er Anfang 2011 eine eigene Wohnung am Rande der City. Danach soll er einsichtiger geworden sein und geplant haben, den Schulabschluss nachzuholen. Die Hoffnung, dass er sich bessere, endete am 13. November 2011.