Essen. .

Am Freitag adelt der Guide Michelin wieder die Spitzenköche Deutschlands. Eine der wenigen Frauen unter ihnen ist Erika Bergheim aus Essen. Sie erhielt vor einem Jahr einen Stern und hat ihn nun verteidigt. Über Fluch und Segen eines Sterns erzählt sie im Interview.

Erika Bergheim ist seit sieben Jahren Küchenchefin im Essener Restaurant Nero im Schlosshotel Hugenpoet. Vor einem Jahr stieg sie in den Koch-Olym auf. Sie bekam mit ihrer Mannschaft einen Stern im Guide Michelin. Den Stern hat sie im aktuellen Führer, der heute herauskommt, erfolgreich verteidigt. Über ihre Erfahrungen im Sternenhimmel des Kochdaseins sprach Janet Lindgens mit ihr.

Glückwunsch, Frau Bergheim!

Erika Bergheim: Dankeschön. Aber ehrlich gesagt hab ich mir gar nicht so große Sorgen gemacht. Ich weiß ja, wie ich den Stern gekocht habe, und ich bin jetzt in der Position, den Stern zu verteidigen. Ich habe ja auch einige Jahre gebraucht, bis ich soweit war.

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Von DerWesten

Wie lange hat es gedauert?

Bergheim: Etwa drei Jahre. Ursprünglich war es gar nicht geplant gewesen. Aber dann reifte die Idee, dass ein Stern gut zum Ambiente des Hauses passen würde. Wir haben viele internationale Gäste, denen wir auch etwas bieten wollen.

Was hat sich mit den Stern verändert?

Bergheim: Der Stern ist natürlich geschäftlich wichtig. Es sind andere Gäste da - schon vom ersten Abend an. Das war übrigens sehr amüsant. Ich musste mir anhören, was in anderen Sterne-Restaurants anders gemacht wird. Aber ich fühle mich davon nicht unter Druck gesetzt. Es hat ja keinen Sinn, das zu kopieren, was andere machen. Klar will ich weiter lernen, aber wir möchten hier unsere Erika-Bergheim-Küche kochen. Dafür habe ich ja den Stern bekommen.

Wie wichtig ist ein Stern fürs Ego?

Bergheim: Keine Frage, er ist gut für meine Karriere und auch für mich selbst. Dass das Mädchen aus Essen-Borbeck mal einen Stern kocht – das hätte man wohl so nicht für möglich gehalten.

Was ist eigentlich schwieriger, einen Stern zu bekommen oder ihn zu verteidigen?

Bergheim: Schon fünf Minuten nach der großen Freude über den Stern, ist mir schlagartig klar geworden: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Einen Stern zu verlieren ist schlimmer als keinen zu haben. Einen gewissen Druck kann ich daher nicht leugnen.

Wie erarbeitet man sich eigentlich einen Stern?

Bergheim: Erstmal mussten wir die Strukturen schaffen. Wir haben neben dem Nero noch ein weiteres Restaurant. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass die Abteilungen, die nichts mit dem Sterne-Restaurant zu tun haben, selbstständiger werden. Das aber ohne Qualitätsverlust. Meine Mitarbeiter dort mussten lernen, mich zu verstehen. Das ist eine große Traineraufgabe. Dann habe ich mir die Leute gesucht, mit denen ich den Stern kochen möchte. Hinzu kommt: Ich musste mich mit vielen neuen Techniken beschäftigen und man muss viel feiner auf den Tellern arbeiten. Die große Herausforderung dabei ist, dass man mit deutlich weniger Leuten arbeitet, als beispielsweise ein Drei-Sterne-Koch. Und ich muss viel viel reden, um immer wieder klar zu machen, was ich auf dem Teller haben möchte.

Wann greifen Sie nach dem zweiten Stern?

Bergheim: Das ist im Augenblick kein Thema.

Sie sind eine der wenigen Frauen im „Koch-Olymp“. Warum finden sich so wenige Frauen unter den Spitzenköchen?

Bergheim: Mein Arbeitstag beginnt gegen 10 Uhr morgens. Gestern Nacht beispielsweise bin ich 2 Uhr nach Hause gekommen und lag 3 Uhr im Bett. Am Morgen klingelt 7.30 Uhr wieder der Wecker. Das ist ein Leben, das sich die meisten Männer sicher nicht wünschen aber auch die meisten Frauen nicht. Da muss man schon ganz schön enthusiastisch sein, oder? Außerdem habe ich einen Mann, der dafür großes Verständnis hat. Früher ist mir das gar nicht so bewusst gewesen, wie exotisch mein Beruf ist. Ich bin so aufgewachsen. Ich hab natürlich gemerkt, dass die meisten Mädchen lieber im Büro arbeiten wollten. Meine Mama hat oft gesagt: „Mein Gott Kind, kannst du dir nicht mal die Nägel lackieren.“ Aber mittlerweile bin ich so darin verstrickt, dass ich gar nichts anderes kenne.

(Pause)

Mir macht das so Freude!

Wieso sieht man Sie eigentlich nicht in einer der unzähligen TV-Kochshows?

Bergheim: Ich bin gerne Küchenchefin, aber der Auftritt in TV-Shows ist ein anderer Beruf. Ich kann das nicht mit meinem vereinbaren, auch zeitlich nicht. Ich möchte lieber für meine Gäste da sein. Ich bin auch kein Show-Girl.