Essen. . Mit seinem 2003 gegründeten Unternehmen „Pro Nachfolge“ unterstützt der Diplom-Betriebswirt Wolter Classen mittelständische Betriebe bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Vor allem bei Übergaben innerhalb der Familie entstehen durch den Generationenkonflikt nicht selten Reibungspunkte.

Das Beispiel ist symptomatisch. Die Tochter kommt ins Büro ihres Vaters und mäkelt an der Einrichtung herum. „Es wird wirklich Zeit für neue Stühle und einen Besprechungstisch“, sagt sie und ihr Vater entgegnet trocken: „Du willst doch nur mein Geld ausgeben.“ So passiert in irgendeinem mittelständischen Betrieb im Ruhrgebiet, der schließlich Wolter Classen zur Hilfe holte, um die Firmen-Nachfolge zu regeln.

Der 55-jährige Diplom-Betriebswirt rief 2003 an der Kruppstraße das Unternehmen Pro Nachfolge ins Leben und hilft seither Firmen in ganz Deutschland beim großen Stühlerücken - nicht beim steuerlichen und wirtschaftlichen, sondern vor allem beim menschlichen Teil. Welche Fähigkeiten hat der Nachfolger? Was wird von ihm gefordert? Wo findet er im Betrieb die geeigneten Ansprechpartner? All das sind Fragen, deren Beantwortung im Vorfeld dringend notwendig erscheint: Von 74 Prozent aller Familienunternehmen, die die Übergabe innerhalb der eigenen Reihen planen, realisieren nur 45 Prozent tatsächlich den Generationenwechsel.

„Der Generationenkonflikt spielt natürlich eine große Rolle“

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Denn sein Lebenswerk, das will so mancher Senior nicht ohne Weiteres dem Nachwuchs vermachen. „Der Generationenkonflikt spielt natürlich eine große Rolle. Früher musste alles über den Tisch des Chefs wandern. Die Unternehmensführung heute ist liberaler geworden, doch damit kommen nicht alle Senior-Geschäftsführer klar“, sagt Wolter Classen.

Dabei gehe es ihm nicht darum, die Menschen zu verändern. Er fungiert als Mediator und vermittelt zwischen beiden Seiten. Classen sucht allerdings auch externe Nachfolger, wenn sonst kein geeigneter Bewerber in Frage kommt. „Leider sind immer weniger junge Menschen bereit, ein Familienunternehmen weiterzuführen“, hat Wolter Classen beobachtet. Einer der Hauptreibungspunkte zu Beginn des Übergabe-Prozesses sei häufig das Gehalt des Juniors. „Viele haben ein abgeschlossenes Studium und zig Auslandsaufenthalte in der Tasche. Im eigenen Unternehmen aber fangen sie klein an, während ihre Studienkollegen nicht selten das Dreifache verdienen. Nicht jeder ist bereit, diesen Schritt zu gehen. Die sehen einfach die Maloche, die dahinter steckt“, sagt Classen.

Wenn sich Wolter Classen auf die Suche nach einer Führungskraft außerhalb des Unternehmens macht, spricht er vorher mindestens 20 Stunden mit seinem Kunden. „Das ist wie bei einem Heiratsvermittler. Es muss einfach passen“, sagt Classen und lacht. Denn eine Unternehmensübergabe sei weit mehr als eine Bankvollmacht, weiß Classen: „Bei dem monate- oder gar jahrelangen Prozess der Unternehmensübergabe gehe ich so akribisch vor, dass wir neben wichtigen Punkten wie Führungsstil sogar über Weihnachtsgeschenke für die Stammkunden sprechen. All das spielt eine wichtige Rolle.“