Essen. . Die Stadt steht bei ihren Feuerwehrleuten tief in der Schuld – finanziell. Rund 700 Blauröcke „warten seit Jahren auf ihr Geld“, sagt der städtische Personalrat. Was fehlt, ist der monetäre Ausgleich für Mehrarbeit. Es geht um etwa sechs Stunden mehr pro Woche und Beschäftigtem über einen Zeitraum von mehreren Jahren, es geht letztlich um mehrere Millionen Euro.
Tag für Tag, rund um die Uhr sind sie im Einsatz für die Sicherheit ihrer Bürger, löschen Brände, retten Menschenleben und bringen ihr eigenes in Gefahr: Die Stadt steht bei ihren Feuerwehrleuten tief in der Schuld – moralisch, aber auch finanziell. Rund 700 Blauröcke „warten seit Jahren auf ihr Geld“, ist Kai-Uwe Gaida überzeugt. Der Vorsitzende des städtischen Personalrats hat erneut ein heißes Eisen angepackt, damit den Bediensteten endlich das zukommt, was ihnen nicht nur nach Meinung ihrer Interessenvertreter zusteht: Ein Ausgleich für die Mehrarbeit, die sie über die von der EU festgelegten 48 Stunden Dienstzeit pro Woche hinaus geleistet haben.
Es geht um etwa sechs Stunden mehr pro Woche und Beschäftigtem über einen Zeitraum von mehreren Jahren, es geht letztlich um mehrere Millionen Euro, die rückvergütet werden sollen: Nach Angaben von Feuerwehr-Chef Ulrich Bogdahn stehen 1,8 Millionen pro Jahr im Raum. Der genaue Zeitraum, für den die Ansprüche gelten könnten, ist strittig.
Der schwelende Konflikt ist alt
Der schwelende Konflikt zum Nachteil der Blauröcke ist ein alter. Über dessen Lösung wird jetzt allerdings neu hinter den Kulissen verhandelt. „Wir sind in konstruktiven Gesprächen“, sagt Personaldezernent Christian Kromberg. Mehr sagt er nicht. In diesem Frühjahr, „in den nächsten vier bis fünf Wochen“, gibt sich Gaida zuversichtlich, sollte eine Einigung vorliegen. Der Personalrat beruft sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes von grundsätzlicher Bedeutung: Niemand solle mehr als 48 Stunden arbeiten müssen. Punktum.
So eindeutig erscheint die Rechtslage allerdings nicht jedem im Rathaus. Auch wenn im Fall der Feuerwehrleute unzweifelhaft mit der guten Tradition gebrochen wurde, dass Arbeitgeber für die Leistungen ihrer Beschäftigten bezahlen, sei der tatsächliche Rechtsanspruch auf nachträgliche Zahlungen ungeklärt. Und so lange dies so sei, heißt es, würde nicht nur jeder Cent einer Rückvergütung als freiwillige Leistung gelten, die untersagt ist, sondern jede Form von nachträglicher Bezahlung zudem das Beförderungsbudget in der Behörde über Jahre binden.
Um das Feuer möglichst unter Kontrolle zu halten, behilft man sich für das Jahr 2006 mit der Auszahlung einer Prämie und wartet für die Jahre davor ab, was die Gerichte entscheiden mögen. Eine schnelle Lösung, wie sie Gaida vorschwebt, wäre vor diesem Hintergrund allenfalls in Gestalt eines Vergleichs möglich: Dann allerdings müsste jeder Feuerwehrbeamte damit einverstanden sein, für alle Zeit auf vielleicht die Hälfte seiner Ansprüche zu verzichten, selbst wenn sie ihm in zwei oder drei Jahren höchstrichterlich nachträglich zugesprochen werden sollten.
Kaum durchsichtiger wird die Lage durch einen Spruch des Bundesverwaltungsgerichts: Demnach hätte ein Anspruch zeitnah geltend gemacht werden müssen. Bis auf sechs Feuerwehrleute haben alle anderen in Essen aber darauf verzichtet, sagt Gaida. Und zwar in Treu und Glauben, so kritisiert ein Oberbrandmeister in einem „Bürgerantrag“ an den Oberbürgermeister, dass ihre Rechte gewahrt bleiben, selbst wenn sie auf einen entsprechenden Antrag verzichteten. Das sollen ihnen ein pensionierter Dezernent der Stadt und ein früherer Personalrat der Feuerwehr versichert haben. Als wäre die Lage nicht schon verzwickt genug: Für den Betriebsfrieden ist das eine brenzlige Angelegenheit. Auch rückwirkend.