Essen. Die Gemeinde aus Korea soll in Essen hartnäckig werben. Bei der Sekteninfo melden sich mitunter wöchentlich Essener, die mit den vermeintlichen Studentinnen Kontakt hatten. „Sie missionieren massiv und bedrängen die Menschen“. „Es wird niemand zwangsgetauft“, beschwichtigt Jeamin Kim, Gemeindeleiter-Helfer der Gemeinde Gottes in Essen.

Gleich zweimal wurde eine Germanistik-Studentin (24) an der Uni angesprochen, auf dem Flur und in der Bibliothek. Zwei Asiatinnen stellten sich als Theologiestudentinnen vor und baten um Hilfe bei der Hausarbeit. Erst später erfuhr die 24-Jährige, dass das eine Masche sein soll, mit der zurzeit viele ihrer Kommilitonen konfrontiert werden. Dahinter steckt die Gemeinde Gottes des Weltmissionsvereins, sagt Christoph Grotepass, Theologe und Mitarbeiter des Sekten-Info NRW.

Massiv bedrängt

Dort melden sich mitunter wöchentlich Essener, die mit den vermeintlichen Studentinnen Kontakt hatten. „Sie missionieren massiv und bedrängen die Menschen“. Überrumpeln sie, fragen nach dem Weg, holen Comics mit biblischen Bildern hervor. Die Gemeinde aus Korea gebe es seit 2010 in Essen. „Sie bezeichnen sich als Christen“, erklärt der Berater. Sie glaubten, dass ihr Gründerpärchen die inkarnierte Entsprechung Gottes sei, von dem Paar lebe noch Mutter Jerusalem in Korea. Eine große Rolle spiele das Passah-Fest, zu dem sie jetzt einladen.

In Essen sollen sie auf dem Uni-Campus und in der Innenstadt an der Marktkirche werben. Vor einem Jahr zogen sie von Haustür zu Haustür, sagt Grotepass. Heute fragten sie auf der Straße nach der Telefonnummer, die sie sofort überprüfen, berichten einige Angesprochene. In einigen Fällen seien die in die Gemeinde-Zentrale geleitet und gleich getauft worden, sagt Grotepass. Anfragen des Sekten-Info an den Leiter seien ins Leere gelaufen.

"Niemand zwangsgetauft"

„Es werde niemand zwangsgetauft“, sagt Jeamin Kim, Gemeindeleiter-Helfer der Gemeinde Gottes in Essen. Er empfängt die Redaktion, weil der Leiter verreist sei. Er sitzt an einem Tisch in den hellen Räumen am Kornmarkt, bietet an, einen Film über die Gemeinde abzuspielen. Im weiten Empfangsraum hängen Bilder mit riesigen Menschenmassen von Treffen weltweit an den Wänden, an den Decken hängen Kameras. In der fünften Etage sind weitere Räume der Gemeinde.

Jeamin Kim erzählt von Studenten, die vor zwei Monaten aus Korea gekommen seien. Keiner würde aber zum Missionieren aufgefordert. Wer wolle, der mache das von sich aus. Auch werde niemand gezwungen, sich von seiner Familie oder Religion loszusagen, sagt Kim. Wer sich taufen lassen wolle, könne das allerdings ohne Wartezeit.

Angst, aus der Gemeinde ausgeschlossen zu werden

Putzkampagne der Gemeinde Gottes des Weltmissionsvereins mit Studenten aus Korea.
Putzkampagne der Gemeinde Gottes des Weltmissionsvereins mit Studenten aus Korea.

Manche Getaufte kommen dennoch besorgt zum Sekten-Info, sagt Beraterin Sabine Riede: „Sie haben das Gefühl, sich mit einer höheren Macht verbunden zu haben“. Manche haben Angst, was passiert, wenn sie nicht zu den Bibelterminen gehen. Andere fürchten, aus ihrer ursprünglichen Kirchengemeinde ausgeschlossen zu werden. „Die Taufe hat keine Bedeutung“, sagt Riede. Die Betroffenen sollten keine Mails beantworten, rät sie. Nennt aber auch Fälle, in denen die Gemeindemitglieder hartnäckig, aggressiv seien. Die Menschen müssten sich für das Fortbleiben rechtfertigen und würden zu Hause abgeholt.

Stadtgarten aufgeräumt

Jeamin Kim hat dafür sofort eine Erklärung. Es sei „selbstverständlich“, sich zu erkundigen, wenn jemand zum Termin nicht komme. Die Art, wie ihre Gemeinde dargestellt werde, stehe für ihn im Gegensatz zu ihrem sozialen Engagement, bei Naturkatastrophen oder Blutspenden, sagt er. In Essen haben sie jetzt den Stadtgarten aufgeräumt.

Christoph Grotepass nennt die Putzaktionen Strategie: „Die Gemeinde gelangt in ehrenamtliche Strukturen, um den ein oder anderen zu kriegen.“ Öffentlich sprechen will von den Aussteigern, die sich an den Sekten-Info gewandt haben, zurzeit niemand. Viele von ihnen „lassen sich mit den „Studentinnen ein“, weil sie nicht unhöflich sein wollten, sagt Grotepass. Sie wollen den freundlichen Ausländern nicht vor den Kopf stoßen.

Mitglieder "ideologisiert"

Er ist überzeugt, dass die werbenden Mitglieder der Gemeinde Gottes selbst fest daran glauben, was sie erzählen: „Sie sind ideologisiert.“ Sie schauen dem Gegenüber tief in die Augen. Wer gehen will, wird traurig angeblickt. Da koste es Überwindung sich abzuwenden, sagt Grotepass.

Wer sich auf sie einlasse, der erlebe sie bald als besorgte Geschwister, die warnen, vom rettenden Weg abzukommen, sagt der Berater. Ihren Erfolg dokumentiere die Gemeinde mit den Fotos. Zu der Zahl ihrer Mitglieder sagt Kim nichts. Grotepass schätzt, dass sich am Kornmarkt etwa 25 treffen. Weltweit sollen es laut Weltmissionsverein eine Million sein. Wie viele in Essen missionieren, dazu gebe es noch keine verlässlichen Zahlen.