Essen. . Die religiöse Gruppe „Gemeinde Gottes des Weltmissionsvereins“ wirbt in der Essener Innenstadt penetrant um Mitglieder. Der Verein Sekteninfo NRW rät, sich gar nicht erst auf eine Diskussion einzulassen. Überrumpelung sei gängige Praxis.

Sie stehen in kleinen Gruppen in der Innenstadt und verwickeln Passanten mit raffinierten Tricks ins Gespräch. Oft packen sie ihre Opfer bei deren Hilfsbereitschaft, indem sie unverfänglich nach dem Weg fragen. Oder sie geben sich als Studenten der Theologie aus, die eine Umfrage für ihr Studium machen müssten.

Die Mitglieder dieser religiösen Gruppe, oft junge Frauen koreanischer Herkunft, sind Mitglieder der „Gemeinde Gottes des Weltmissionsvereins“. Und sie haben ein Ziel: Die vermeintlich heilbringende Lehre zu verbreiten. „Viele Menschen sind in einer solchen Situation viel zu höflich. Es fällt ihnen schwer, sich entschieden abzugrenzen“, sagt Christoph Grotepass, Berater beim Sekteninfo NRW. „Wir hatten schon Klienten, die den Missionaren in ihre Zentrale in der Innenstadt gefolgt sind und sich spontan taufen ließen.“

Wörtliche Auslegung der Bibel

Gerne sprechen die Mitglieder penetrant Menschen auf der Straße an und versuchen über Comics, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Dabei versteht sich die Gemeinde als religiöse Gruppe christlicher Prägung mit dem Anspruch, die einzig wahre Interpretation des Christentums zu vertreten. Eine zentrale Annahme der Lehre besagt, dass Gott neben dem Gottvater auch aus einer Gottmutter bestünde, die man verehren müsse. 1964 wurde die Gemeinde in Korea gegründet und betrachtet eine in Jerusalem lebende Frau, genannt „Mutter Jerusalem“, als Fleischwerdung Gottes. Ferner zeichnet sich die Gruppe, ähnlich wie die Zeugen Jehovas, durch eine sehr wörtliche Auslegung der Bibel aus.

„Sicherlich sind die Mitglieder der Gemeinde zutiefst von ihrer Ideologie überzeugt “, so Grotepass. „Nicht jeder Guru will den Menschen nur das Geld aus der Tasche ziehen – harmlos macht das die Sache trotzdem nicht.“ Ist es den Missionaren einmal gelungen, ein neues Mitglied zu werben, steht für dieses zunächst Bibeltraining auf dem Programm. „Von einem Neuzugang wird erwartet, dass er sich komplett von seiner früheren Religionsgemeinschaft lossagt und von seinem sozialen Umfeld abwendet“, erklärt Sabine Riede, Leiterin des Sekten-Info NRW. Im weiteren Verlauf müsse der Gläubige eine vierjährige Ausbildung in Korea durchlaufen.

Beratungsgespräch kann helfen

„Überrumpeln gehört zur Praxis“, so Grotepass. „Menschen, die sich tatsächlich zu einer Taufe haben drängen lassen, haben danach oft mit Ängsten zu kämpfen.“ Ein Beratungsgespräch beim Sekteninfo NRW könne dann helfen, das Erlebte zu verarbeiten.