Essen. . Die Sekteninfo NRW zieht Bilanz. Die Zahl der Scientology-Opfer geht zurück. Dagegen boomt die unsichtbare Welt der Engel und Geister , der Handaufleger und Wunderheiler. Auch Weltuntergangs-Prognosen nehmen zu – obwohl die letzte bekanntlich daneben lag.

Der Weltuntergang 2011 fiel aus. Heilsbringer hatten zwar den 21. Mai als Termin für das Ende der Menschheit auserkoren. Aber daraus wurde bekanntlich nichts. Die Zahl fundamentalistischer Christen mit Endzeiterwartung nimmt trotzdem zu in NRW – aber nicht eklatant. Und sie ist nicht zu vergleichen mit der großen Zahl der Hellseher, die voraussagten, dass die Tage der Landesregierung gezählt sind. Das Sekteninfo NRW zog gestern Bilanz und unterstrich damit seine Bedeutung – auch für die Zukunft.

Denn auch 2012 steht wieder ein Weltuntergang im Kalender. Diesmal ist es der 21.12. . Dann geht nämlich der 5125 Jahre alte Maja-Kalender zu Ende, und es beginnt ein neuer Zyklus. Esoteriker sind sich sicher, dass das den Weltuntergang bedeutet. Auch im bodenständigen Ruhrgebiet sitzen und beten sie, harren der Dinge, die da kommen – vom Himmel wahrscheinlich.

„Die Esoteriker haben den Weltuntergang entdeckt. Bislang waren es vor allem die Zeugen Jehovas, die Untergangsstimmung verbreiteten“, erläuterte Sabine Riede, Geschäftsführerin der Sekteninfo NRW in Essen. Die unsichtbare Welt der Engel und Geister, der Handaufleger und Wunderheiler, sie boomt derzeit. Während der Beratungsbedarf bei den Scientologen rückläufig ist, wenden sich immer mehr Betroffene, die in die Fänge von esoterischen Medizinmännern geraten, an die Essener Institution.

Engel und Geister

Es muss gar nicht einmal der Weltuntergang sein, es kann auch die persönliche Lebenskrise sein oder eine niederschmetternde medizinische Diagnose. Der Rechtsanwalt zum Beispiel, bei dem ein bösartiger Hirntumor festgestellt wurde. „Aus Angst vor einer Operation suchte er Hilfe bei einem Wunderheiler“, führte Sabine Riede aus. Statt sich operieren zu lassen, setzt er auf die magischen Wirkungen einer Gesprächstherapie. Der Heiler habe „neuronale Energiebilder“ entdeckt, die jetzt aufgelöst werden müssten. Derweil wächst der Tumor im Kopf weiter, unaufhörlich.

Der Bundesgerichtshof habe zwar erst jüngst deutlich gemacht, dass Anbieter von Heilmethoden abseits jeglicher Schulmedizin die Leichtgläubigkeit von Kunden nicht ausnutzen dürfen. Dennoch: Immer mehr Menschen lassen sich in schwierigen Lebenssituationen auf Humbug und Hexerei ein und das Geld aus der Tasche ziehen. Schnell sind 500 Euro für ein Engel-Seminar futsch, 1000 Euro für den Schutzzauber eines Mediums, in einem Fall sogar 23 000 Euro für eine Krebstherapie per Ferndiagnose.

Eine Frau aus dem Sauerland „zählt nicht mal zu den besonders obskuren Fällen“, so Riede. Die Frau buchte eine spirituelle Beratung im Internet und schickte dem Medium Fotos von ihrem Haus zu. Und tatsächlich, es entdeckte vier Tote, die unsichtbar auf dem Grundstück herumgeisterten. Dank Sekteninfo hat der Spuk nun ein Ende.