Essen. . Ihren jährlichen Strombedarf von knapp 95 Millionen Kilowattstunden will die Stadt künftig ohne Kerngespaltenes decken. Knapp 133.000 Euro kostet das „gute Gefühl“, die städtischen Gebäude, Verkehrsanlagen, Straßenbeleuchtung und mehr atomstromfrei mit Energie zu versorgen.

Sie wollten ihn ja ohnehin loswerden, Kilowattstunde um Kilowattstunde: Weg vom Atom-, hin zum Ökostrom, diese Devise galt für die Stadt Essen schon seit Herbst 2008, als der Rat beschloss den städtischen Eigenbedarf an elektrischer Energie ab 2010 zunächst zu einem Viertel aus Ökoquellen zu speisen – mit einem um jährlich zwei Prozent wachsenden Anteil.

Dann kam Fukushima, der Super-GAU mit den bekannten Folgen, und damit auch die Frage: Geht es nicht auch ein wenig schneller? Es geht, signalisiert die Stadt jetzt der Politik – wenn man denn bereit ist, den Preis für das erhöhte Ausstiegstempo zu bezahlen. Wobei selbst manche Kritiker einräumen: Knapp 133.000 Euro für das „gute Gefühl“, die städtischen Gebäude, Verkehrsanlagen und Straßenbeleuchtung genauso wie Sport- und Bäderbetriebe, Grün und Gruga sowie das Essener Systemhaus atomstromfrei mit Energie zu versorgen – das ist gemessen an den sonst gehändelten Summen im Rat ein überschaubarer Betrag.

Hoffnungen auf "grüne Hauptstadt"

Allerdings gilt: Der Verzicht auf Atomstrom wirft zugleich die Frage nach dem Ersatz auf, denn ein Mehr an Strom aus fossilen Energieträgern (Kohle, Öl, Gas) würde den Kohlendioxid-Ausstoß in die Höhe treiben, und das ist es gerade nicht, was eine klimabewusste Stadt will, die sich zudem Hoffnungen auf das Image einer „grünen Hauptstadt“ macht.

Doch weil eine finanziell klamme Stadt wie Essen eben auf die Kosten achten muss, soll die Verkehrs- und Versorgungs-Holding EVV zunächst mit einem festen Budget den Ausstieg aus dem Atomstrom bewerkstelligen: Geplant bist dazu, kostengünstige Ökostrom-Zertifikate zu beschaffen, die allerdings auch auf ältere Bestandsanlagen zurückgreifen. Nur wenn dann noch Geld „übrig“ ist, wird auch Strom mit einer Neuanlagenquote eingekauft.

15,6 Millionen Euro für knapp 95 Millionen Kilowattstunden

In diesem Jahr etwa beläuft sich die Stromrechnung der Stadt auf rund 15,6 Millionen Euro für knapp 95 Millionen Kilowattstunden. Der Umstieg auf 100 Prozent Ökostrom sorgt damit für ein Plus beim Preis von 0,85 Prozent.

Wenn die Politik dem jetzt geplanten Vorgehen in der März-Ratssitzung ihren Segen gibt, ist damit der Weg zum atomfreien Strom bis 2015 vorgezeichnet. Dabei hat man auch für den Fall spürbarer Preisschwankungen vorgesorgt: Sollten die Preise für Ökostrom-Zertifikate am Markt steigen, darf die EVV bis zu einer Überschreitung von zehn Prozent mitgehen. Bei noch höheren Preisen muss der Rat erneut befasst werden. Ab 2016 soll dann ein neuer Vertrag vereinbart werden.

Den Trend zum atomfreien Strom gehen übrigens auch andere Städte mit: Bochum und Gelsenkirchen genauso wie Frankfurt am Main.