Essen. Blauer Himmel, Sonnenschein und draußen bewegt kaum ein Lüftchen - wer den eisigen Temperaturen zu trotzen weiß, kann der aktuellen Witterung sicher etwas abgewinnen. Bei jenen aber, die sich von Berufswegen um die Umwelt sorgen, löst die stabile Wetterlage keine Freude aus - im Gegenteil.

Das neue Jahr ist noch jung und an der Messstelle an der Gladbecker Straße, wo ein grüner Container, die Belastung durch Feinstaub erfasst, wurde der zulässige Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft schon an sieben Tagen überschritten.

Feinstaubbelastung überall erhöht

Das ist viel. Zu viel und setzt den Trend fort, den die Experten vom Landesumweltamt für das zurückliegende Jahr 2011 beschreiben. Da lag der Grenzwert an der Gladbecker Straße an insgesamt 51 Tagen über der erlaubten Schwelle. Und dies, nach dem er ein Jahr zuvor noch mit nur 30 Überschreitungstagen erstmals unter der maximal erlaubten Zahl von 35 Tagen lag. Wer darüber in Jubel ausgebrochen sein sollte, weiß: Der Jubel war verfrüht.

Nicht nur an der mit 40.000 Fahrzeugen pro Tag hoch belasteten Gladbecker Straße schnellten die Feinstaubwerte im vergangenen Jahr in die Höhe. Alle anderen Messstationen zeichneten das gleiche Bild. Sei es an der Messstelle in Vogelheim, wo die so genannte Hintergrundbelastung gemessen wird und wo die Werte in den vergangenen Jahren stabil waren. Sie es an der Messstation unweit des Wasserturms an der Steeler Straße, wo die Feinstaubbelastung geradezu in die Höhe schnellte: Nur sechs Überschreitungstage waren 2010 gezählt worden, im vergangenen Jahr waren es 32! Fragt sich nur, warum?

Belastung seit Einführung der Umweltzone zurückgegangen

Was sich 2011 an Messstellen in dieser Stadt beobachten ließ, gilt fürs ganze Land. Und die Ursachenforschung geht einher mit der Frage: Bringt die Umweltzone eigentlich irgendetwas? Wer immer schon wie der ADAC der Meinung war, sie bringt nichts und ihre Ausweitung auf fast das gesamte Ruhrgebiet zu Jahresbeginn sei überflüssig, fühlt sich angesichts der jüngsten Messergebnisse bestätigt. Zu Recht?

Nachweisen lässt sich, dass die Feinstaubbelastung an der Gladbecker Straße seit Einführung der Umweltzone zurückgegangen ist. Noch im Jahr 2004, als es noch keine Umweltzone gab, waren 77 Überschreitungstage gezählt worden. So viele waren es danach nie wieder. „Es kann nicht sein, dass Fortschritte beim Bau von Kraftfahrzeugen und Heizungsanlagen keine Effekte haben“, sagt Thomas Dobrick vom Umweltamt und erinnert daran, dass bei Wetterbedingungen, wie sie aktuell herrschen, in den 1960er und 70er Jahren noch Smog-Alarm ausgelöst werden musste. Damals war das Ruhrgebiet noch ein Industrierevier.

Einfluss der Witterung auf Luftqualität ist erheblich

Experten führen die hohe Belastung durch Feinstaub auf so genannte austauscharme Wetterlagen zurück, wie sie schon zu Beginn des vergangenen Jahres vorherrschten und auch im für hiesige Verhältnisse untypisch sonnigen November. Da weht kein Wind, der den Staub davon tragen könnte, weshalb enge Straßenschluchten wie die Gladbecker Straße besonders hoch belastet sind - viel höher als auf der mit 130.000 Fahrzeugen pro Tag viel stärker befahrenen A 40, zumindest am Autobahnkreuz Essen-Ost.

Der Einfluss der Witterung auf die Luftqualität scheint erheblich und gehört nach Expertenmeinung stärker untersucht. Das heißt auch: Jubelmeldungen über sinkende Feinstaubwerte in der Umweltzone waren mindestens verfrüht, was nicht bedeuten muss, dass die Zone überflüssig wäre. Was die Luftreinhaltepläne wirklich bringen, sagt Thomas Dobrick, wird man wohl über Generationen beobachten müssen.