Essen. . Mathematik mögen wohl die wenigsten Schüler gerne. Auch Chemie und Physik sind nicht unbedingt Lieblingsfächer. Damit sich das ändert, versucht das zdi-Zentrum MINT-Netzwerk Essen, schon die Kleinsten spielerisch für Naturwissenschaften zu begeistern. Und das funktioniert am besten mit Botschaftern.

Arbeitsblätter kennt Jakob schon aus der Grundschule. Zielstrebig greift sich der Achtjährige das Blatt, das ihm Fabian entgegen reicht. Eigentlich eine ganz normale Unterrichtssituation. Doch der junge Mann, der Jakob gerade seinen Arbeitsauftrag gibt, ist selbst noch Schüler: Als MINT-Botschafter tauscht der Carl-Humann-Gymnasiast Fabian für drei Stunden das Schülerleben gegen die Pädagogenrolle.

Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) - weil sich für diese Fächer immer weniger Schüler interessieren, setzt das zdi-Zentrum MINT-Netzwerk Essen verstärkt auf so genannte MINT-Botschafter. „Das sind Oberstufenschüler, die durch Schulungen und mit speziellem Unterrichtsmaterial den Grundschülern die MINT-Fächer näherbringen“, erklärt Christiane Riedel-Brand, die für das Netzwerk die Projekte koordiniert.

Kinder begeistern

Wenn ältere Schüler und nicht der Lehrer mit kleinen Experimenten beispielsweise die Wasserverdrängung von verschiedenen Materialien erklären, kann Physik plötzlich richtig spannend sein. „Das Wasser ist gestiegen, als wir den Stein reingeworfen haben“, ruft Jakob aufgeregt in die Runde und bekommt ein anerkennendes Nicken von seinen „Lehrern“ Fabian und Tom.

Die altersgerechte Vermittlung von naturwissenschaftlichen Inhalten haben er und seine 19 Mitschüler bereits im vergangenen Jahr gelernt. „Das ist toll zu sehen, dass man diese Theorie anwenden und die Kinder begeistern kann“, erzählt Fabian, der Physik als Leistungskurs belegt hat.

Völlig versunken im Experiment

Kurz vor den Sommerferien des vergangenen Schuljahres waren er und seine Mitschüler vom Carl-Humann-Gymnasium schon einmal als MINT-Botschafter unterwegs; in der Grundschule im Steeler Rott erklärten sie damals Viertklässlern die weite Welt der Naturgesetze. Jetzt sind zwei dritte Klassen derselben Schule zu Gast bei den „Großen“, immer vier von ihnen scharen sich mit ihren jungen Lehrern um die Experimentierstationen. Platsch - mit ein bisschen zu viel Schwung hat Ben den kleinen Stahlwürfel in den Wasserbecher fallen lassen. „Oh, das wollte ich nicht.“

Holger lächelt, beruhigt den Grundschüler: „Das ist nicht schlimm. Aber jetzt schau mal hin, was passiert, nachdem du den Würfel in das Wasser getan hast.“ Verdrängt ein großer Würfel mehr als ein kleiner? Macht es einen Unterschied, ob der Würfel aus Holz oder Stahl ist? Vier neugierige Augenpaare blicken gebannt auf den Wasserbecher; die Grundschüler sind völlig versunken in ihrem Experiment.

So einfach kann Physik sein

„Ich finde es großartig, wie sich die Kinder begeistern können; auch oft gerade die, von denen man es nicht erwartet“, freut sich der 17-Jährige Holger über das Interesse der Drittklässler. Seine Mitschülerin Julia (17) kämpft derweil um die Aufmerksamkeit ihrer Schützlinge. Der Pausengong hat geläutet und das Treiben auf dem Schulhof lenkt die neunjährige Jamina von den bunten Knetwürfeln ab.

„Probiert noch einmal, euch kurz hier drauf zu konzentrieren, dann machen wir etwas anderes“, lenkt die Pädagogik-Schülerin das Interesse der Grundschüler sanft wieder Richtung Experimentierstation. „Ja, manchmal ist das schwierig, aber es macht trotzdem viel Spaß mit den Kleinen.“ Jakob hat sein Arbeitsblatt mittlerweile ausgefüllt und weiß: Ein Stein im Wasser braucht Platz, deswegen steigt der Wasserspiegel. So einfach kann Physik sein.