Essen. Essen schrumpft und altert: Vor einem Vierteljahrhundert zählte die Stadt noch 622.863 Einwohner, von denen nur rund 1800 über 90 Jahre alt waren. Heute sind es 5227 Hochbetagte - bei nur 575.788 Einwohnern. Nun hat das Amt für Statistik detaillierte Angaben zur Einwohner-Entwicklung ins Netz gestellt.
5227 Essener wurden im vergangenen Jahr 90 oder älter – das sind 507 Altersjubilare mehr als noch 2010. Dabei ist das Alter auch in Essen weiblich: 4220 der Ü-90er sind Frauen. Die Älteste ist Anna Monschau mit 106 Jahren; mit dem 104 Jahre alten Heinrich Hermen gibt es auch einen äußerst hochbetagten Mann.
Die gerade von der Stadt veröffentlichten Zahlen unterstreichen, in welcher Schärfe sich der demografische Wandel in Essen bemerkbar macht: Geht man gut ein Vierteljahrhundert zurück ins Jahr 1985, zählte die Stadt noch 622.863 Einwohner – nur 1838 von ihnen waren 90 oder älter. Heute hat Essen 575.788 Einwohner, die aber deutlich älter werden.
Einwohner 1987 bis 2010
Wer die Alters-Entwicklung noch länger zurückverfolgen will, der muss kompliziertere Forschungen anstellen, erklärt Franz Beuels vom Amt für Statistik, Stadtforschung und Wahlen: „Denn die Einwohner-Daten werden erst seit den 90er Jahren systematisch ausgewertet und auf EDV-Trägern verfügbar gemacht.“ Das vorhandene Material aber will man Bürgern wie Bürokraten leicht zugänglich machen. So hat Beuels’ Amt soeben das „Handbuch Essener Statistik. Einwohner 1987 bis 2010“ mit 300 Tabellen und vielen farbigen Grafiken ins Netz gestellt.
Aus Erfahrung wisse man, dass die Zahlen nicht nur für die Bedarfsplanung der Verwaltung interessant sind. „Bei uns fragen auch Wohlfahrtsverbände, wie viele alte Menschen zum Beispiel in Steele leben, weil sie dort ein Seniorenheim planen“, sagt Beuels. Bürgervereine wollen Daten für ihre Chroniken, Schüler brauchen Material für Hausarbeiten. „Jugendliche werden sicher verstärkt das neue Online-Angebot nutzen.“
Trockene Zahlen dokumentieren gesellschaftlichen Wandel
Welche Daten in der Statistik ausgewiesen werden, hänge auch davon ab, welchem Zweck sie dienen können. So sei die Zahl der Drei- bis Sechsjährigen für die Kindergarten-Bedarfsplanung wichtig. Wenn bald auch Zweijährige einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz haben, müsse man die Daten anpassen.
Vermeintlich trockene Zahlen dokumentieren also gesetzliche Änderungen wie gesellschaftlichen Wandel. Letzteres zeigt sich bei den Haushaltsgrößen und der steigenden Zahl Alleinlebender. Wobei Beuels nicht von Single- Haushalten sprechen mag: „Das sind ja oft keine jungen Singles, sondern alte Witwen.“
Nur 34 Ehejubiläen
Blickt man auf die Zahl der Ehejubiläen im Jahr 2011, könnte man zum Schluss kommen, die Zeit der langlebigen Ehen sei endgültig vorbei: Nur 34 Mal gratulierte der Oberbürgermeister zu einer Goldenen, Diamantenen, Eisernen oder Gnadenhochzeit; vor 30 Jahren registrierte die Stadt noch 663 solcher Ehejubiläen.
Doch der Trend ist nicht allein steigenden Scheidungsraten geschuldet: Bis 1998 beschenkte der Staat Goldjubilare noch mit 100 DM. Bis 2003 wurden all jene, die 60 Jahre oder länger verheiratet waren, mit bis zu 450 DM belohnt. Seit es für Treue kein Geld mehr gibt, sondern lediglich ein Glückwunschschreiben vom OB, zeigen immer weniger Ehepaare ihr Jubiläum an.