Essen. . Der Verband der Kleingärtner ist der Stadt immer weniger grün. In einem Offenen Brief an die Landtagsabgeordneten bittet der Vorstand nun um Hilfe. Das Fass zum Überlaufen bringt ein in Eigenleistung gebauter Unterstand am Baldeneysee, der nach dem Willen der Stadt wieder abgerissen werden soll.

Sie haben mehrere tausend Euro und jede Menge Holz in die Hand genommen, investierten zudem 300 Stunden ehrenamtlicher Arbeit, um der Allgemeinheit am Baldeneysee ein Dach über dem Kopf zu bauen. In bester Absicht wollten sich die Kleingärtner verdient machen ums Gemeinwohl und die Bürger nicht im Regen stehen lassen auf ihrem privaten Heisinger Grund. Doch jetzt weht ein zunehmend rauer Wind des Unmuts um die Wetterhütte an der Lanfermannfähre.

Die Stadt will, dass der 22 Quadratmeter große Unterstand wieder wegkommt. In einem Landschaftschutzgebiet dürfen zwar Kühe oder Schafe überdacht werden, aber keine Menschen. Schon gar nicht ohne Baugenehmigung. Doch nicht mit Laubenpiepers: „Das Ding bleibt stehen“, gab sich der Stadtverbands-Vorsitzende Heinz Schuster in einem Gespräch mit der NRZ kämpferisch: „Und wenn die das doch abreißen wollen, werden wir eine Bürgerinitiative gegen die Stadt Essen ins Leben rufen.“

„Das Essener Kleingartenwesen siecht dahin“

Der schwelende Streit um den Regenschutz ist scheinbar nur der berühmte eine Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen bringt. Der Unmut, sagt Schuster, habe sich in der Tat über Jahre angestaut: „Doch jetzt ist Schluss mit lustig.“ Die Kleingärtner sind der Stadt offenbar immer weniger grün, bei ihnen brennt der Busch. Und wenn notwendig, werde der Verband für die Interessen seiner 9100 Mitglieder sogar den Boden der politischen Neutralität verlassen.

Der erste Schritt ist inzwischen getan: In einem offenen Brief an alle Essener Landtagsabgeordneten, der der NRZ vorliegt, macht der Vorstand des Stadtverbandes seinem Ärger Luft und schickt einen Hilferuf hinaus in die politische Welt: „Das Essener Kleingartenwesen siecht dahin. Die Kostenlage wird immer dramatischer.“

Die Schuld schiebt Schuster der Stadt zu. In kaum einer anderen Kommune würden die Kleingärtner so zur Kasse gebeten wie in Essen. „Ohne Rücksicht“ auf die Laubenpieper werden Straßenausbaukosten umgelegt, obwohl sie keine Eigentümer, sondern nur Pächter sind, lautet eine Klage. Aber auch die Kommunalabgaben wie Grundsteuer, für die Straßenreinigung und den Winterdienst sind den Kleingärtnern inzwischen ein Dorn im Auge. Komme neben der Pacht die neugeregelte GEZ-Umlage für die Parzellennutzer in Höhe von 200 Euro dazu, könne sich der „kleine Mann“ einen eigenen Garten gar nicht mehr leisten. Mit Folgen für die Allgemeinheit und „erheblichen Mehrkosten bei Grün und Gruga“, wie der Stadtverbands-Vorstand meint.

Drei Briefe habe er an den Oberbürgermeister adressiert, und keine Antwort bekommen. Die Stadt sei nicht gewillt, über die Probleme Gespräche zu führen, klagt Schuster. Er aber wolle mit offenem Visier kämpfen und nicht als Heckenschütze auftreten. Wobei ihn Gedanken durchaus umtreiben, wie es denn wäre, wenn der Verband ebenfalls auf stur schalte, alle Kleingärten für die Allgemeinheit sperre oder mal darauf aufmerksam mache, wem denn eigentlich das Wegerecht am Baldeneysee-Anleger Lanfermannfähre gehöre.

Der Stadtverband habe nun einmal die Aufgabe „alles zu unternehmen, dass das Kleingartenwesen einen ersten Platz im Interesse einer ökologischen Großstadtlandschaft für alle Bürger Essen behält“. So steht’s in einem aktuellen Flyer – und noch etwas: „Eine Großstadt ohne Kleingärten ist wie ein Wald ohne Bäume.“